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NDW: Die Grössten Hits der neuen deutschen Welle

 A l b u m   D e t a i l s


Label: Spectrum Records
Released: 1999
Time:
46:41 / 45:03
Category: Neue Deutsche Welle
Producer(s): See Artists ...
Rating: *******... (7/10)
Media type: CD Double
Web address: www.ichwillspass.de
Appears with:
Purchase date: 2001.01.27
Price in €: 9,99



 S o n g s ,   T r a c k s


CD 1:
[1] Extrabreit: Flieger grüß mir die Sonne (Gray/Kreisch) - 2:53
[2] Frl. Menke: Hohe Berge (Menke/Gutowski) - 2:50
[3] Hubert Kah: Rosemarie (Kemmler/Löhr) - 3:48
[4] Ixi: Detlev (Clemens/Tiedeman) - 3:51
[5] Trio: Anna [laß michrein, laßmichraus] (Remmler/Kralle) - 2:40
[6] Frl. Menke: Traumboy (Gutowski/Menke) - 3:52
[7] Palais Schaumburg: Wir bauen eine neue Stadt (Palais Schaumburg) - 3:27
[8] Trio: Da Da Da [Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht] (Remmler/Kralle) - 3:23
[9] Neue Heimat: Ich bau´ Dir ein Schloß (Roloff/Hee/Kaleta) - 2:37
[10] Spliff: Carbonara (Heil/ed. Spliff) - 4:18
[11] Neonbabies: Spaß muß sein (Neon Babies) - 2:19
[12] Jawoll: Taxi (Jawoll) - 3:50
[13] Markus: Ich will Spaß (Klopprogger/Chart Braker) - 3:03
[14] Nena: 99 Luftballons (Fahrenkrogg-Petersen/Karges) - 3:50

CD 2:
[1] Hubert Kah: Sternenhimmel (Zundel/Kemmler/Ulrich) - 3:05
[2] Nina Hagen Band: Fisch im Wasser (Nina Hagen/ed. Spliff) - 0:51
[3] Trio: Bommerlunder (Krawinkler/Remmler) - 2:44
[4] Kiz: Die Sennerin vom Königsee (Herter/gaiser) - 2:44
[5] Hubert Kah: Engel 07 (Kemmler/Killer) - 4:07
[6] Grobschnitt: Schweine im Weltall (Danielak/Eroc/Kuhn/Kapolke/Loskaud) - 4:05
[7] Jawoll: Rendezvous (Herberger/Watson-Forster/Kutschke) - 3:59
[8] Frl. Menke: Ich hol´ doch keine Brötchen (Franziska Menke) - 3:23
[9] Hubert Kah: Du bist so schön (Zundel/Berk) - 3:15
[10] Trio: Drei Mann im Doppelbett (Marnitz/Remmler/Krawinkel/Behrens) - 3:30
[11] Niko: Am weißen Strand von Helgoland (Howard O'Melley) - 3:05
[12] Hubert Kah: Einmal nur mit Erika (Zundel/Kemmler) - 3:09
[13] Stephan Remmler: Keine Sterne in Athen (Stephan Remmler) - 3:07

 A r t i s t s ,   P e r s o n n e l


Extrabreit
Frl. Menke
Hubert Kah
Ixi
Trio
Palais Schaumburg
Neue Heimat
Spliff
Neonbabies
Jawoll
Markus
Nena
Nina Hagen Band
Kiz
Grobschnitt
Niko
Stephan Remmler

 C o m m e n t s ,   N o t e s


CD 1:
[1], [11] © 1980 Metronome Musik GmbH
[4], [9] © 1982 Metronome Musik GmbH
[2], [3], [6] © 1982 Deutsche Grammophon GmbH
[7] © 1981 Phonogram GmbH
[5], [8], [12] © 1982 Phonogram GmbH
[10], [13] © 1982 CBS Schallplatten GmbH
[14] © 1983 CBS Schallplatten GmbH

CD 2:
[1], [9] © 1982 Polydor GmbH
[11], [12] © 1983 Polydor GmbH
[5] © 1984 Polydor GmbH
[2] © 1978 Sony Music Entertainement (Germany) GmbH
[7] © 1983 Sony Music Entertainement (Germany) GmbH
[3] © 1982 Mercury Records GmbH
[10] © 1983 Mercury Records GmbH
[13] © 1986 Mercury Records GmbH
[4] © 1983 Herter Tonstudio
[6] © 1982 Metronome Musik GmbH
[8] © 1992 Metronome Musik GmbH



Die Band EXTRABREIT wurde Ende 1978 gegründet, existierte nahezu 20 Jahre und ging mit ihrem letzten Konzert in ihrer Heimatstadt Hagen am 19.09.1998 endgültig in die deutsche Rockgeschichte ein. Während dieser Schaffensperiode erlebte die Gruppe immer wieder Erfolge und Mißerfolge, extreme Höhenflüge und einschneidende Tiefpunkte, sowie diverse Besetzungswechsel. Allein Gitarrist Stefan Klein (Kleinkrieg) durchlebte die komplette Ära von EXTRABREIT und war zusammen mit dem Sänger Kai Schlasse (Kai Havaii) maßgeblich für den Stil, den Sound und das unverwechselbare Image von "Deutschlands intelligentester und geilster Rock'n Rollband" (Eigenzitat) verantwortlich.

Auf dem Zenit ihrer Karriere befanden sich EXTRABREIT in den Jahren 1981 bis 1983, als sie nicht nur die Neue Deutsche Welle entscheidend beeinflußten und prägten, sondern auch mit ausverkauften Konzerthallen, goldenen Schallplatten und "BRAVO"-Starschnitten ihre größten Erfolge erzielten.

Dementsprechend gilt auch das seinerzeit aktuelle Line-Up der Band heute noch als Originalbesetzung:

Gesang: Kai Schlasse (Kai Havaii) , Geb. 14.04.1957 in Hagen
Gitarre: Stefan Klein (Kleinkrieg) , geb. 19.12.1955 in Hagen
Gitarre: Ulrich Ruhwedel (Public Uli) , geb 10.02.1962 in Hagen
Bass: Wolfgang Jäger (Hunter) , geb. 28.03.1953 in Herne
Schlagzeug: Rolf Möller , geb. 02.05.1956 in Hagen

Die Geschichte der Band:
Aus Frust und Langeweile starteten 1978 Stefan Klein und Gerhard Sperling (später als Käpt'n Horn bekannt) eine Band. Statt wie andere Gleichaltrige seine Zeit mit Fußballspielen, Discothekenbesuchen o.ä. zu verbringen, entschloß man sich, regelmäßig und intensiv Musik zu machen, mit dem Ziel irgendwann einmal Rockstar zu werden.

Die Band wurde EXTRABREIT getauft. Den Namen verdankt die Gruppe einem kapitalen Edding-Filzstift, auf dem sich der sinnige Slogan "Kappe abschrauben nachfüllbar extrabreit" befand, der an einem Probenabend irgendwo herumlag.

Den Bass spielte zu diesem Zeitpunkt Ralf "Rava" Denz , der aber in erster Linie bei der Hagener Rock & Roll Band The Ramblers zuhause war. Rava brachte Horst Werner Wiegand als Sänger mit. Wiegand war eigentlich eher Songschreiber und Sänger und ist bis dahin immer allein aufgetreten. In dieser Besetzung probte man in einer alten Hagener Fabrik. Wiegand hatte durch seine Psychogruppe Kontakte zu der WG, in der Jörg Hoppe lebte. Dieser organisierte Kino- und Konzertabende auf einem eher alternativen Level. Er interessierte sich für die Band und buchte sie für zwei Gigs von Django Edwards als Vorgruppe.

Schon damals sang die Band deutsch, was in jener Zeit noch eine große Ausnahme war. Es folgten einige spektakuläre Auftritte in der Umgebung Hagens, bei denen dann auch schon mal Gitarren in Ritchie Blackmore -Manier zerdeppert bzw. sonstiges Inventar zerstört wurde. Nach diesen Vorstellungen stieg Rava aus und wurde durch Ralf Teuwen am Bass ersetzt. Außerdem erweiterte sich die Band um den Gitarristen Piet Worthmann . Man komplettierte das Programm und spielte spiralförmig im näheren Umland, wobei man es auf eine eingefleischte Fangemeinde brachte.

Kurz vor einem Gig in Hagen (Stadtteilfest Wehringhausen, hier war die Band soziologisch zuhause) verließ Wiegand die Truppe und wurde durch Kai Schlasse ersetzt. Der gelernte Graphiker und Cartoon-Zeichner ließ sich von seinem späteren Freund und Partner Kleinkrieg überreden. Stefan hatte ein Tape gehört auf dem Kai und Horst gemeinsam sangen und fragte ihn ob er nicht als Sänger einsteigen wolle. Auf dem Konzert sagte Stefan dann Kai als neuen Sänger an: "Hier ist Kai Havaii, die Stimme aus Übersee". Der Name blieb, und in Kai hatte man den Extrabreit-Sänger überhaupt gefunden. Jörg A. Hoppe (heute Chef der TV-Produktionsfirma MME) übernahm ab jenem Zeitpunkt auch prompt das Management und war fortan so etwas wie der sechste Mann an Bord.
Nach weiteren Auftritten in und um Hagen sprengte der Publikumsandrang bereits manchmal den Rahmen der Lokalitäten. Zum Jahreswechsel organisierte man eine wüste Silvesterveranstaltung unter dem Motto: "Extrabreit in die 80er...". Man nahm Demos auf und Christian Schneider ( Hartwig Masuch -Sänger der Ramblers ) besorgte der Band einen Termin im Tonstudio Hilpoltstein, wo Hart wie Marmelade und 1,36 in einer Nacht aufge-nommen wurden. Die Folge war ein Plattenvertrag bei Metronome .

Am 14.04.1980( Kai's 23. Geburtstag) erschien die Single Hart wie Marmelade , eine straighte Rock'n Roll-Nummer mit bizzarem Text, von der jedoch zunächst kaum jemand Notiz nahm. Trotzdem entschloß sich die Plattenfirma Metronome, ein Album herauszubringen. Im Spätsommer 1980 erschien dieses Debutalbum unter dem dreisten Titel: Ihre größten Erfolge.
Kurz vor den Aufnahmen zu dieser LP verließ Piet Worthmann aus privaten und gesundheitlichen Gründen die Band. Er wurde durch Carlo Karges, der einige Jahre später an der Seite von Nena den großen Durchbruch schaffen sollte, ersetzt. Die Band probte und spielte in dieser Besetzung ihre erste kleine Tour. Im Studio übernahm Rüdiger Braune , auch Ramblers , das Schlagzeug. Auf der LP, die von Christian Schneider im Plattenstudio Hilpoltstein in Nürnberg produziert wurde, finden sich innovative, provokative und dem Zeitgeist entsprechende Kurz-Rock-Songs. Musikalisch ist das Album maßgeblich von Punk, Wave und Rock'n Roll beeinflußt. Unter anderem ist auch der spätere Fetenkultsong Flieger grüß mir die Sonne (im Original von Hans Albers) vertreten, zu dem Kai heute sagt: "Carlo Karges hörte damals die Akkorde raus und wir ließen die, die wir nicht spielen konnten einfach weg. So hatten wir einen Evergreen...!" Auch das allseits bekannte Hurra, hurra die Schule brennt, welches jedoch erst später den richtigen Erfolg ernten sollte, ist auf dem Erstlingswerk vertreten. Hierzu Kai : "Unser damaliger Drummer Käpt'n Horn war genervt von den Gitarrenakkorden und wollte auch mal ein Stück machen. Da es sich wie ein Kinderlied anhörte, machten wir auch einen Kindertext darauf. Es wurde unsere erfolgreichste Single...!" Trotzdem schimmelte das Album zunächst in den Plattenregalen vor sich hin. Nach den Aufnahmesessions folgten noch einige Gigs. Dann verließ Carlo und kurze Zeit später auch Kai die Band. Das Ende stand vor der Tür. Mittlerweile war aber Rolf Möller, den Stefan noch aus der Kinder- und Schulzeit kannte, als Schlagzeuger eingestiegen. Man fand in "Nopsy" Lauman einen sehr guten Interpreten der Extrabreit-Songs. Aber durch den Ausstieg von Kai war die Kreativzelle Kleinkrieg/Havaii nicht mehr intakt., so daß in dieser Zeit keine Lieder entstanden.

Piet Worthmann und Ralf Teuwen stiegen aus. Für sie stießen dann Ende 1980 der Gitarrist Ulrich Ruhwedel (Public Uli) und der Bassist Hunter alias Wolfgang Jäger (vorher mehrere Jahre bei Grobschnitt) dazu. Insbesondere Hunter brachte wieder neue Motivation und Dynamik mit in die Band, nicht zuletzt deswegen, weil er als Ex- Grobschnittler eine gewisse Vorbildfunktion für den Rest der Band darstellte. Grobschnitt genoß zu dieser Zeit nämlich besonders großes Ansehen. Hagen zeigte hiermit seine pulsierende Musikszene, von der auch noch andere Bands profitieren sollten (Nena, Stripes, usw.). In dieser Besetzung wurde intensiv gegigt. Kai wurde es nach einer Weile wohl doch zu langweilig als Taxifahrer und Cartoonzeichner; und so kehrte er zur Band zurück. Es war bei Nopsy zwar kein Jubel, aber alle wußten um Havaiis Können, und so wechselte "Laui" später zum Tourneemanager. Das war die Geburtsstunde der "Phantastischen 5" . Es folgten ausgedehnte Touren. 70 Gigs ohne "Day off" und mit vielen Strapazen.

Die Öffentlichkeit drückte EXTRABREIT von nun an den Stempel der "rauhen, bösen und rüpelhaften Jungs aus der Provinz" auf. Diesem Image ist die Gruppe auch bis zum Schluß immer wieder gerecht geworden, wie die eine oder andere Anekdote im Folgenden noch zeigen wird. Im Mai 1981 nimmt die geschilderte Neubesetzung schließlich das zweite Album Welch ein Land, was für Männer! auf, ebenfalls im gleichen Studio. Das für damalige Verhältnisse recht aufwendige Cover zeigt die Band im 3-D-Design. Passend dazu lag jeder LP eine 3-D-Raumbrille bei, mit der dem Käufer die Breiten greifbar nahe zu sein schienen. Musikalisch schien das Album im Gegensatz zu seinem Vorgänger ein einheitliches Konzept vorzuweisen. Die recht politischen, bisweilen düsteren Songs unterstreichen das Bewußtsein einer No-Future- und Null-Bock-Generation. Titel wie Der Präsident ist tot , Wir leben im Westen , Glück und Geld oder Der Führer schenkt den Klonen eine Stadt setzen sich mit aktuellen Geschehnissen wie dem Attentat auf den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan oder dem Ost-West-Konflikt auseinander. Die Jugendlichen identifizieren sich zunehmend mit der Band, was den Erfolg von EXTRABREIT weiter steigert. Mit dem Titel Polizisten als Singleauskoppelung landen die Hagener ihren ersten Hit in den Charts. Der damalige Bayrische Ministerpräsident Franz-Josef Strauss verhängte für dieses Stück ein Sendeverbot im Freistaat Bayern, da er in dem Text eine "Verunglimpfung der Polizei" sah! Für die Fans war diese Sanktion jedoch nur Wasser auf die Mühlen: Eine Autogrammstunde im Hagener Kaufhaus Quelle endete in einer Massenplünderung der Schallplattenabteilung durch die immer größer werdende Fangemeinde. Als Folge des steigenden Medieninteresses und der großen Nachfrage bei den Anhängern schießt nun, ein Jahr nach Veröffentlichung, auch das Debut-Album Ihre Größten Erfolge in die Charts. So sind EXTRABREIT mit gleich zwei LP's in der Hitliste vertreten.
Derweil entwickelt sich durch die Etablierung weiterer deutscher Rock- und Popmusiker ein neuer Trend und eröffnet damit einen neuen Markt. Von der Schallplattenindustrie wird der Begriff der Neuen Deutschen Welle kreiert, der durch Gruppen wie Ideal, Spliff, Hubert Kah, Nena und viele andere für eine völlig neue Musikkultur sorgt. Die NDW stellt somit eine einschneidende Epoche der deutschen (Rock-)Musikgeschichte dar. In diese Zeit des Aufbruchs fügten sich EXTRABREIT mit ihrem Bad-Boys-Image und ihrer innovativen Unbekümmertheit nahtlos ein.

Es geht Schlag auf Schlag: Vom ersten Album wird nachträglich Hurra, Hurra die Schule brennt ausgekoppelt und landet in den Top Ten der Charts. Die Nachfrage nach Liveauftritten steigt in ganz Deutschland enorm. Die Breiten sind permanent in allen Medien präsent, Radio- und Fernsehauftritte sind bald Routine, mehrere BRAVO-Titel runden das Bild ab. In 1982 sind zwei Alben in den TOP 5, EXTRABREIT somit die bei weitem erfolgreichste deutsche Band.
Im April 1982 gingen die Fünf gemeinsam mit den Berliner Bands Spliff, Interzone und Prima Klima auf eine von LEVIS JEANS finanzierte und für damalige Verhältnisse riesige Festivaltour durch Deutschlands größte Konzerthallen. Diese Art des Sponsoring, heute selbstverständlich, war damals noch sehr ungewöhnlich. Die Tournee entwickelte sich zu einem Riesenerfolg, nicht zuletzt, weil gleichzeitig beide Alben vergoldet wurden. Heino Wirth, der Geschäftsführer der Metronome übergab das doppelte Gold anläßlich eines Festaktes der besonderen Art in Hamburg.

Das dritte Album Rückkehr der phantastischen 5 erschien im September 1982 und krönte das wohl erfolgreichste Jahr der Hagener. Aufgenommen wurde auch dieses Album im Tonstudio Hiltpoltstein, produziert von der Band in Zusammenarbeit mit Manfred Neuner . Diesmal wurde das Werk jedoch nachträglich noch einmal vom Starproduzenten Mack (QUEEN, E.L.O., etc.) in den Münchener Union Studios nachbearbeitet und abgemischt. Konzeptionell präsentierten sich EXTRABREIT als Superhelden in Marvel-Comic-Manier. Dementsprechend grell und bunt fiel das graphische Layout der Scheibe aus, es erschien in fünf verschiedenen Neonfarben, geziert von fünf Einschußlöchern. Es soll Leute geben, die diese Platte gleich fünf mal besitzen, von jeder Farbe eine! Als Beilage zur Platte findet man ein großes Pop-Art-Poster, welches die fünf Superhelden in schillernden, bunten Phantasiekostümen zeigt. Auch textlich wurde das Konzept umgesetzt indem man mit Titeln wie Superhelden , Geisterbahn fahr'n oder Her mit den Abenteuern eine Brücke zwischen hektischer, bedrohlicher Realität und phantasievoller Comic-Welt schlug. Musikalisch blieb die Gruppe mit straightem, angepunkten Gitarrenrock ihrem erfolgreichen Stil treu. Mit Duo Infernal befindet sich auf der Scheibe das erste von drei Duetten mit deutschen Show-Größen, hier Marianne Rosenberg . Der Song, im übrigen auch als Single erschienen, wurde von den Fans jedoch nicht oder allenfalls nur mit großer Skepsis angenommen. Ferner befindet sich der Titel Komm nach Hagen auf der Platte, mit dem noch einmal das Phänomen der, zu dieser Zeit überaus erfolgreichen, Hagener Musikszene auf's Korn genommen wird:

"In Hagen geht am Wochenende keiner raus. Man geht ins Studio, und montags spielt der Tankwart Dir seine neue Maxi-Single vor. Komm nach Hagen, werde Rockstar, mach Dein Glück!"

Nun erschien in den Kinos die Teenie-Kommödie "Gib Gas - Ich will Spaß!" mit Nena und Markus in den Hauptrollen. In diesem Streifen haben EXTRABREIT einen schauspielerischen Kurzauftritt als Phantastische 5. In silbernen, metallischen Anzügen landen sie auf der Erde, um die Welt vor dem Bösen zu bewahren und Menschen in Not zu retten. Weniger tugendhaft und angepaßt präsentierten sich die frischgebackenen Filmstars in der Öffentlichkeit. Nach einem Konzert kam es zu folgendem Vorfall in einer elitären Münchener Hotelbar:

Die Breiten machten ihrem Namen alle Ehre und genossen den einen oder anderen Drink, während der erfolgreiche Schlagersänger Udo Jürgens , der bürgerlich Udo Jürgen Bockelmann heißt, sich ebenfalls an der Hotelbar aufhielt. Einer ging dann irgendwann im bereits "fortgeschrittenen Stadium" auf den Barden zu und begrüßte ihn mit den Worten: "Na Bockelmann, du altes Arschloch, wie geht's denn so...!?!" Daraufhin ließ Udo Jürgens die feucht-fröhlichen Gesellen des Etablissements verweisen und es gab künftiges Barverbot für die Kapelle. Auch die für manche Rockstars obligatorische Hotelrandale war für EXTRABREIT keine Seltenheit. Ein Radiosprecher der BBC bezeichnete die Breiten einmal als "The german Rolling Stones...” Ein weiterer öffentlicher Skandal und ein damals beinahe unvorstellbares Vorgehen war die schlichte Ablehnung einer Einladung zu Diether Thomas Hecks legendärer ZDF-Hitparade und deren Boykott. Heck kommentierte diesen Entschluß mit den Worten: "Die werden bald wieder mit Kernseife waschen...!". So wurden Kai & Co. einmal mehr ihrem Image als Bad Boys gerecht.

Am 12. Januar 1983 starteten EXTRABREIT zu ihrer vorerst letzten Deutschland-Tournee. Mit bisher nie dagewesenem Aufwand vollzog sich die Rückkehr der phantastischen 5 . Zwei Sattelschlepper, eine riesige Sound- und Lichtanlage, zwei Videogroßbildprojektoren mit entsprechenden Leinwänden und 20 technische Helfer begleiteten die Band auf ihren Konzerten in insgesamt 39 Städten der Bundesrepublik. Jeder Event wurde via Video im Nachrichtenstil angekündigt und zwar von Tagesschausprecher Werner Veigel . Dieser mußte im Vorfeld übrigens 39 mal den gleichen Ansagetext, lediglich mit unterschiedlichen Auftrittsstädten, heruntersprechen. Dieses hat er aber laut Extrabreit in hervorragender und professioneller Art und Weise bewerkstelligt.

Unter dem selbstbewußten Motto Deutschland im Handstreich verlief die Tournee vom 12.01. bis 20.02. 1983 quer durch die Republik. Auch in der Schweiz (Volkshaus Zürich) gab es zwei Konzerte. Trotz einer spektakulären Show blieben die Besucherzahlen jedoch hinter den Erwartungen zurück. Teure Produktionskosten brachten hohe Eintrittspreise mit sich (30 DM waren damals sehr viel!), somit blieben die erhofften Zuschauer aus und brachten der Band die ersten Verluste. Darüber hinaus drohte die Neue Deutsche Welle , die sie ja selbst mit ins Rollen gebracht hatten, zu verebben. Nach zwei Jahren schwindelerregenden Aufstiegs und hunderten von ausverkauften Konzerten kündigte sich eine Trendwende an, die das Flaggschiff EXTRABREIT in schwere See geraten ließ. Nach diversen Schuldzuweisungen und Streitigkeiten verließen Rolf Möller und Public Uli schließlich die Band.
Als Trio nahmen Havaii , Kleinkrieg und Hunter schließlich unter Streitigkeiten die Platte Europa auf, die erstmalig auch englisch gesungene Titel enthält und Ende 1983 erschien. Auch musikalisch ist ein Wechsel zu erkennen. Statt rauhen und dreckigen Gitarren dominieren hier Drumcomputer, Syntie-Klänge und andere elek-tronische Sounds die Musik der Band. Produziert wurde das Album diesmal von Frank Becking , Kit Woolven und den "Breiten" selbst in London, München, Hamburg und Hagen. Der Sound der Band wurde dem neuen Trend Pop and Wave angepaßt, was dazu führte, daß vom rauhen und erdigen Rock'n Roll aus dem Bauch nicht mehr viel übrig blieb, die Musik eher "künstlich” erschien, obwohl sie an sich hervorragend produziert wurde. Die Verkaufszahlen blieben weit hinter den Erwartungen zurück, Europa gilt bis heute als erfolglosestes Album von EXTRABREIT , was immerhin die bis zum heutigen Tage nur auf Vinyl erschienene Scheibe zu einer Rarität macht.

Da dieser Tonträger erstmals nicht betourt wurde und Kai, Kleinkrieg und Hunter aufgrund der ausbleibenden Resonanz aus der Öffentlichkeit in der Versenkung zu verschwinden drohten, entschloß man sich, zusätzlich ein Video auf den Markt zu bringen: Die Wahrheit über Extrabreit erschien in kleiner Auflage im Dezember 1983.

In 60 Minuten sieht der Zuschauer noch einmal alle wichtigen Stationen im bisherigen Werdegang der Hagener. Unter dem Slogan Schockierend-Irritierend-Brilliant befinden sich neben offiziellen Clips und Interviews noch Konzertausschnitte, Szenen der Gold-Verleihung sowie diverse TV-Ausschnitte und spaßige Selbstdarstellungen und Statements auf diesem Film. Obwohl das Video (heute ebenfalls eine gesuchte Rarität) ein originelles Dokument der Breiten in Best of-Manier war, blieb auch hier der Erfolg aus, das "Neue Projekt" EXTRABREIT fand in den Medien kaum Beachtung. 1984 brachte das Trio Album Nr. 5 auf den Markt. Es trägt den Namen LP der Woche und wurde diesmal produziert von Manne Praeker ( Nina Hagen Band, Spliff ) in den Berliner Hansa-Studios und den Union-Studios München. Originellerweise Beinhalten die Seiten D und E (nicht wie sonst üblich A und B!) jeweils D eutsche bzw. E nglische Songs, welche sich jedoch in "musikalischer Belanglosigkeit verlieren"(Zitat: MusikExpress). Lediglich der Opener Ruhm läßt noch vage an alte Zeiten mit originellen Texten und straightem Rock erinnern. Der Text von Ruhm richtet sich übrigens an die zu dieser Zeit mega-erfolgreiche Nena : Du schlägst die Zeitung auf und Du siehst als erstes Dein Gesicht...”dann kommt Dein Bodyguard, denn Du lebst gefährlich jeden Tag Sonnenbrille auf und dann kannst Du ein bißchen Shopping gehen. Du bist die Königin im Popcornland, wenn in Kinderzimmern Deine Videos flimmern liebst Du sie alle simultan..." Ansonsten sind die Songs von einheitlichem Pop-Wave-Sounds und synthetischem Ambiente geprägt. Kommerzieller Erfolg, Anerkennung bei den Fans und den Kritikern ließen weiter auf sich warten. Die Zeit von Extrabreit schien erstmal abgelaufen zu sein.

Man begann, getrennte Wege zu gehen. Rolf Möller , der Ex-Drummer, war inzwischen bei Grobschnitt eingestiegen, nachdem er mit dem Hagener Avantgardisten Wolfgang Luthe die Maxi-Single Juppheidi im Morgengrauen eingespielt und veröffentlicht hatte ( Luthe war unter anderem der Texter des EB-Songs Laß die Kleinen in Ruh auf Rückkehr der phantastischen 5 ). Kleinkrieg veröffentlichte sein Soloalbum Nur für Jungs , mit dem er versuchte, zu den Wurzeln von EXTRABREIT zurückzukehren. Er tourte mit Public Uli und Hunter , sowie mit Michael Gaßmann und Frank Becking als Kleinkrieg durch die Gegend. Ihm war allerdings auch kein nennenswerter Erfolg beschieden. EXTRABREIT verschwand vorerst von der Bildfläche.....
Nach mehr als zwei Jahren traf man sich Ende 1986 wieder und nahm, erstmalig für Phonogramm , ein ehrgeiziges Projekt in Angriff. Sex after 3 years in a submarine , ein ausgefeiltes, englischsprachiges Album, wiederum abgemischt und produziert von Mack erschien 1987. Kleinkrieg , Havaii und Hunter verstärkten sich hierbei durch Peter Szimmaneck an den Keyboards und den Schlagzeuger Michael Gaßmann . Unterstützt wurden sie bei den Plattenaufnahmen noch von diversen Backgroundsängerinnen, Percussionisten und einer Bläser-Section. Obgleich die LP äußerst filigran und ausgefeilt produziert wurde und bei Kritikern erstmals wieder wohlwollende Töne auslöste, blieb sie ein absoluter Ladenhüter. Dennoch gab es nach fast vier Jahren nun auch wieder eine Tour durch verschiedene Clubs in Deutschland, jedoch auch hier stellten die Besucherzahlen eine Enttäuschung dar. Die Fans, die dennoch kamen, waren vom Repertoire der Band ziemlich enttäuscht und forderten lautstark die alten Klassiker. Zu groß war der Unterschied zwischen den fünf hochkonzentrierten Musikern, die fast bewegungs los zu synthetischen Keyboardsounds und se-quencergesteuerten Riffs ihr Programm abspulten und den alten, bodenständigen und spaßbesessenen Rock'n Roll-Revoluzzern, die sie einmal gewesen waren. Das Projekt Sex after 3 years in a submarine floppte auf ganzer Linie!

Havaii und Kleinkrieg gingen nach München und produzierten mit Mack sehr aufwendige Popmusik, die immer noch in den Archiven auf Veröffentlichung wartet. Danach ging Kleinkrieg nach England und machte mit Mona Liza Overdrive seine 2. Solo-LP, die aber eigentlich eher ein Projektalbum war. Immerhin etwas für Sammler. Nach dieser herben Enttäuschung zog sich Kai Havaii in sein Privatleben zurück. Die Ära EXTRABREIT schien endgültig zu Ende zu sein!

Im Jahr 1990 beginnt vollkommen unerwartet ein neues Kapitel der Bandgeschichte: Die Gruppe gab dem Drängen einiger Konzertveranstalter nach und sagte einige wenige Auftritte zu, für die sich die klassische Besetzung Havaii, Kleinkrieg, Hunter, Möller und Ruhwedel wieder zusammenfand. Das ging deshalb so problemlos, weil sich Grobschnitt inzwischen aufgelöst hatte und auch die übrigen Musiker derzeit in keine anderen Projekte involviert waren. Zeitgleich brachte die Plattenfirma Metronome die beiden Best of Sampler Zurück aus der Zukunft Vol 1+2 heraus, auf der sämtliche Titel der ersten drei EB -Erfolgsalben vertreten sind. Die Tour entwickelte sich zu einem unerwartet großen Erfolg. In die Hallen strömten sowohl Fans der ersten Stunde, die die erfolgreiche Zeit der Hagener 10 Jahre zuvor selbst miterlebt hatten, als auch die 2.Generation, junge Leute, denen allenfalls Flieger , Polizisten oder Hurra, hurra die Schule brennt ein Begriff war. Außerdem wollten noch einige Zaungäste se-hen,was die alten Herren noch so alles drauf haben. Eine ganze Menge, wie sich zeigte. Die Breiten spielten wilder und wüster denn je, und der Spaß an der Sache war allen deutlich anzusehen. Das Programm beinhaltete sämtliche Klassiker aus den "Guten Jahren". Aus den anfangs geplanten "paar Konzerten" wurden am Ende über 80. Zum ersten Auftritt seit Jahren strömten in Hannover über 4000 Fans. Das als Single wiederveröffentlichte Flieger grüß mir die Sonne erlebte seine Renaissance als ultimativer Feten-Evergreen. Nun erschienen zahllose verschiedene Best of-Compilations und Sampler auf diversen Labels.
Während der Tour mußte Public Uli kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen aussteigen und wurde von Bubi Hönig aus Hohenlimburg nahezu nahtlos ersetzt. Hönig war in der Hagener Szene durch sein Mitwirken bei Green, Faithful Breath, Bullet und anderen Heavy-Bands einschlägig bekannt und fügte sich hervorragend in das bestehende Line-Up ein. Darüberhinaus bekam Bassist Hunter zunehmend Probleme mit der Bühnenpräsenz, indem er versuchte, dem Bandnamen alle Ehre zu machen (halt ständig extra breit zu sein). Als diese Situation für den Rest der Truppe nicht mehr tragbar war, wurde er ebenfalls bei laufender Tour gegen den Hagener Baßmann Michael Grimm ausgetauscht, der inzwischen bei der Cover-Band Halber Liter aktiv ist. Nach Beendigung dieser Reunion-Tour veröffentlichten Extrabreit Ende 1990 ihr erstes Live-Album: Das grenzt schon an Musik . Die CD beinhaltet nochmals alle EB-Klassiker im harten und ungeschliffenen Live-Sound. Ein Jahr später erschien dann mit Wer Böses denkt, soll endlich schweigen das nächste Studio-Album auf East-West-Records . Back to the roots zeigten sich hier Extrabreit wieder mit schnörkellosem, teils angepunktem Rock, die Texte, manchmal nicht ganz stubenrein, sind originell und witzig.

Einen Hit lieferte der Silberling jedoch nicht. Die CD wurde durch mehrere Clubs betourt, wobei Havaii, Kleinkrieg, Möller, Hönig und Grimm bei der Programmauswahl die richtige Mischung zwischen aktuellen Songs der CD und unverzichtbaren Stücken der Vergangenheit fanden. In wesentlich kleinerem Rahmen als noch zu Beginn der 80iger Jahre konnten die Breiten trotzdem gut besuchte Hallen vorweisen. Rolf Möller, der inzwischen das Konzert-Booking übernommen hatte, gründete seine eigene Agentur: Top-Sahne-Concerts. Nach dem Abschluß dieser Tournee geriet die Truppe in eine weitere Krise. Michi Grimm verließ die Band, und Sänger Kai Havaii , inzwischen in Berlin lebend, geriet zunehmend in Drogenprobleme. Sex and Drugs and Rock'n Roll, die Trias des Show-Biz waren für EXTRABREIT nie Attitüde, sondern Gesetz, und das zeitweilig im Übermaß. Havaii gesteht, daß EB "....in Sachen Stimulantien immer'ne Menge Humor hatten...". Die beinahe fatale toxische Zuneigung nahm einen klassischen Verlauf. Während Sessions, Proben, etc. waren Alkohol und sogenannte "leichte Drogen" an der Tagesordnung und begleiteten die Band während ihrer gesamten Schaffenszeit. Bei Havaii machte diese Entwicklung nicht Halt und vollzog sich bis zur absoluten Heroin-Abhängigkeit, die nicht nur seine Existenz, sondern auch die Stimmung in der Band drastisch gefährdete. Mehrere Gigs drohten unmittelbar vor dem Konzertbeginn zu platzen... Letztendlich kriegte Kai jedoch die Kurve und schaffte den Entzug.

1993 brachten EXTRABREIT nach wiederum 2jähriger Pause die CD Hotel Monopol auf den Markt, ebenfalls von East-West vertrieben. Als neuer Bassist ist diesmal der Österreicher und ehemalige Roadie Herb Leitner zu hören. Das ausschließlich in deutscher Sprache gesungene Werk kommt stilistisch seinem Vorgänger nahe. Mit der Single Für mich soll's rote Rosen regnen landeten die Breiten in Zusammenarbeit mit Film- und Chansondiva Hildegard Knef seit Jahren wieder einen Hit. Die Kooperation mit der Ausnahme-Künstlerin war geprägt von gegenseitigem Respekt und Zuneigung. Die Hollywood-erfahrene Muse läßt die Musiker auch heute noch in's Schwärmen geraten. Nach Geständnissen der Musiker war man vor dem ersten Zusammentreffen mit der "alten Sünderin” äußerst nervös und unsicher, wie man einer solchen Ausnahmefrau mit über 50jähriger Bühnenerfahrung entgegenzutreten habe. Hilde , wie sie von den Breiten liebevoll genannt wird, nahm jedoch mit ihrem Charme jede falsche Distanz aus der Zusammenarbeit, so erzählt Rolf Möller heute.
Nach Hotel Monopol folgte wieder eine größere Tournee, bei der sich das Quintett auf der Bühne mit dem Ex-Grobschnitt -Keyboarder Dirk Lindemann verstärkte, der auch schon beim Vorgängeralbum als Studio-Gastmusiker beteiligt war. Auf der Bühne präsentierten sich EXTRABREIT zunehmend härter und verkörperten das Klischee der harten Rock'n Roller. Die Roadcrew bildeten übrigens diverse Licht-und Tontechniker der inzwischen aufgelösten Band Grobschnitt , was ja nicht die einzige Brücke zwischen den beiden Hagener Formationen war. Nach mittelmäßig erfolgreicher Tour verlassen schließlich Rolf Möller und Bubi Hönig die Band, begründet durch "zunehmende Routine und nachlassenden Spaß....".

Drei weitere Jahre vergingen, bis EXTRABREIT im Frühjahr 1996 Jeden Tag Jede Nacht veröffentlichten. Der Silberling wurde von Oktober '95 bis Januar '96 erstmalig in Conny's Studio in Wolperath aufgenommen und produziert und erschien erstmalig auf dem Major-Label BMG . Die Kapelle erfuhr eine Verjüngung durch drei neue Gesichter: Die zweite Gitarre spielte diesmal der Ex-"Jingo De Lynch -Gitarrist Tom Schwoll aus Berlin-Kreuzberg. Von dort stammte auch der neue Drummer Steve "The machine" . Mit seinen 22 Jahren war der Bassist Sebastian Gäbel der jüngste Extrabreite . Er zupfte zuvor den Bass bei Bray D. Bunch . Die Band wurde von Kai und Stefan zusammengestellt. Mit dieser Frischzellenkur vertraten Kleinkrieg und Havaii einmal mehr ihr Lebensmotto "Auf die Fresse fliegen, aufstehen, weitermachen...!” Den Stil der Platte ordnete Kleinkrieg zwischen dem ersten und zweiten Album ein und kreierte die Schublade Punk'n Roll . Plakative und kurze Songs im Stil der Toten Hosen prägen das Konzept von Jeden Tag Jede Nacht . Mit Nichts ist für immer liefern EB den letzten Teil ihrer Duett-Trilogie, diesmal mit dem Entertainer und Vorzeigetrinker Harald Juhnke , den ja "in gewisser Weise eine Seelenverwandtschaft mit den Breiten verbindet...."(Zitat: Kleinkrieg ). Da dieser jedoch zur Zeit der Veröffentlichung im Krankenhaus und in der Öffentlichkeit seinen Entzug betrieb, entschloß man sich statt des Duetts den Titelsong als Single auszukoppeln.

Album und Single wurden im Gegensatz zu den Vorgängern von den Medien in großem Maße gehypt. Vor allem beim Teenie-Sender VIVA waren die Breiten regelmäßig präsent. Es wurde sogar ein einstündiges Special in der Reihe Jam gesendet. Kai Havaii absolviert unzählige Auftritte in Talk-Shows und beantwortete geduldig alle Fragen zu seinen zeitweiligen Drogenproblemen. Die Deutschland-Tournee im April und Dezember konnte jedoch die Erwartungen wieder einmal nicht erfüllen, die durch große Werbekampagnen und den Medienhype in sie gesetzt wurden. Im gleichen Jahr noch erscheint ein besonderer Hit-Sampler mit dem Titel Superfett ebenfalls auf BMG. Die CD beinhaltet 17 Hits aus 17 Jahren Bandgeschichte, die teilweise neu aufgenommen, bzw. remixed wurden. Einen erhofften Anstieg der Verkaufszahlen konnte sie jedoch nicht mehr bewirken.

Während der Arbeit am 10. Studio-Album im Jahr 1997 sahen sich Havaii und Kleinkrieg tief in die Augen und beschlossen "aus dem Gefühl heraus", das Buch EXTRABREIT 1998 zu schließen. Folgerichtig heißt das letzte Werk Amen . Hier werden die Breiten nur noch als Quartett geführt ( Kleinkrieg, Havaii, Gäbel, Steve"the machine" ). In die 12 Stücke brachte Havaii noch einmal viele seiner Erfahrungen aus 20 Jahren EXTRABREIT ein. Amen ist sicherlich nicht das beste, aber bestimmt das persönlichste Album von Schlasse und Klein .
Ab Mai gab es die Abschiedstournee durch fast 30 Städte, bevor am 19.September 1998 beim großen Abschiedskonzert in der Hagener Berlet-Halle vor 4000 Zuschauern zum letzten Mal der Vorhang fiel.... So endete in Hagen das, was vor 20 Jahren an gleicher Stelle begann:

Abschließend danke ich Rolf Möller, der mir beim Erarbeiten der EXTRABREIT - Story eine große Hilfe war und mich mit zahlreichen Fotos, Dokumenten und Informationen versorgt hat, sowie bei Stefan Kleinkrieg, der korrigierte und bei Kurt Mitzkatis, der dann alles koordinierte.

[Jörg Mokros]


HUBERT KAH

1982 hatte alles angefangen: Hubert Kemmler, Markus Löhr und Klaus Hirschburger veröffentlichten zur Zeit der Neuen Deutschen Welle ihr erstes Album "Meine Höhepunkte", dem in den zwei folgenden Jahren zwei weitere folgten. Alle drei Alben erreichten die deutschen Charts, die fünf ausgekoppelten Singles sogar Spitzenposition, eine Single wurde Gold. Zwei ausverkaufte Deutschlandtourneen untermauerten den Erfolg. Dann der Break: Ende 1984 entschloß sich die Gruppe zu einer längeren Pause. Während verschiedener Auslandsaufenthalte, vorrangig in London, entstanden erste Songs, die allerdings in englisch geschrieben wurden. DAher auch der Entschluss, die Kompositionen nicht mehr einzudeutschen. 1985 arbeiteten die drei vornehmlich in Studios - als Gruppe, indem sie an neuen Songs, Arrangements und Sounds feilten. Und alleine - indem sie (wie Hubert Kemmler und Markus Löhr) Songs für deutsche Interpreten schrieben oder produzierten. Bestes Beispiel: Kemmlers Arbeit mit Two Of Us. Währenddessen sorgte ein Hit aus "früheren" Tagen für Furore im Ausland: "Angel 07", die englische Version von "Engel 07" tauchte plötzlich in den Top-5 der amerikanischen "Alternativen Charts" auf. Dieselbe Single und eine Mini-LP jettete auf führende Positionen in den japanischen "Combined Charts", wo sie sich auch wochenlang hielt.

Die neuen Bänder wurden verschiedenen in- und ausländischen Plattenfirmen vorgespielt. Das Resultat: die neue LP wird weltweit veröffentlicht. In Deutschland, Österreich und der Schweiz durch die Intercord, in Japan durch CBS /Sony und durch MCA /Curb in den USA und dem restlichen Ausland. "Teensongs", von Michael Cretu und Armand Volker produziert, ist in vieler Hinsicht außergewöhnlich: durch die Verschmelzung verschiedenster atmosphärischer Kompositionen, durch die in Form von Filmscriptbooks verfaßten Texte und durch die ausgefeilte Produktion.
[Presseinfo Intercord 1986]

[Mit Beiträgen von: Jürgen Gerber, Stephan Schelle]


NENA

Der Webmaster der offiziellen Nena-Page (http://www.nena.de/) wird demnächst diese Seiten für uns füllen. Bitte noch etwas Geduld...
"So wichtig bin ich ja überhaupt nicht!"
[Nena über NENA im November 1983]

Nena im Januar 1984 - das ist auch ein Jahr voller Schlagzeilen. Zunächst Skepsis, dann Streicheleinheiten, offene Sympathie, später Enthusiasmus, "DIE neue Schlagerstimme" Öffentlichkeit, die in die Intimsphäre eindringt, Stress, Konfrontation, der unvermeidliche (?) Backslash, ein Rückzug auf Zeit, Verweigerung, Spekulation, Falschmeldungen und Frust...

Nena, die Gruppe, das sind aber auch nüchterne Zahlen, die allein schon sensationell sind. Da war der Musikladen im Oktober 1982: "Nur geträumt" auf Platz 59 in den Singlecharts drei Wochen später, Nummer 2 schon Mitte Oktober. Im Dezember ist die Band auf ihrer zweiten, bescheidenen Deutschlandtournee. Ein Test. Die Single wird vergoldet. "Nena", die Langspielplatte, produziert von den Spliffern Reinhold Heil und Manne Praeker, erscheint Anfang '83. Sie chartet von 0 auf 5 am 5.2. Eine Woche später setzt sie sich an die Spitze der Verkaufscharts, am 23.2. erreicht sie GoldStatus, am 8.4. geht sie Platin. 500.000 Kopien sind verkauft. Die 2. Levi's Tournee bringt im MÄrz und April allerorts ausverkaufte Hallen. Nicht zu vergessen: Die Nena-Musik und Nena, die Sängerin, locken auch die Fans in die Kinos. "Gib Gas, ich will Spass", ein bestenfalls mittelmäßiger Film, wird zum Kassenknüller. Auch "99 Luftballons" erreicht Goldstatus. Auslandsveröffentlichungen fast im europäischen Ausland und den USA lassen aufhören. Für das Album gibt es Platin in Holland, der Schweiz und Österreich. Das Wort Eintagsfliege fällt schon lange nicht mehr Dann im Herbst die Nachricht aus den Staaten: die deutsche (!) Version der 99 Luftballons hatte sich in den Dance- und DiscoCharts des Billboard plaziert. MTV strahlt das Video bundesweit zwischen NewYork und LosAngeles aus. Die Band fliegt Ende November über den großen Teich. Resultat dieses Trips mit zahlreichen Presse-, Rundfunk- und Fernsehterminen: 99 Luftballons plaziert sich auch in den offiziellen Charts. Im Januar 1984 kommt die frohe Kunde: Platz 33 mit aufsteigender Tendenz
In der Heimat ist das "?" längst plaziert: Nummer 5 zum Jahreswechsel. Das Album wird Ende Januar veröffentlicht... "?" heißt es. Und jetzt...

Nena, die Geschichte ist bekannt. Nena und Hagen. Die Stripes sind am Ende. Nena hat Rolf. Sie fahren gemeinsam nach Berlin. Da kennen sie Carlo, einen alten Freund. Und Uwe, der auch schon bei den Stripes kurz mitgespielt hatte. Der vermittelt Jürgen. Die Band steht. Mit den Spliffern und Jim Rakete entsteht ein schlagkräftiges Team. Und "Nur geträumt". Die Single liegt zunächst wie Blei in den Regalen. Eine erste Tour (Mai '82) zum Geldverdienen läuft so lala. Dann der Musikladen...

Nena, die Sängerin, die "wilde Frische"... "Lebensfreude schießt aus den Gesten der 22jährigen mit der Unbändigkeit einer Rohölquelle auf Ewing'schem Farmgelände..." Ein Schlüsselwort heißt Charme... Nena ist ansteckend... Deutschland läßt sich anstecken. Kein Image, sondern Nena pur. Ein Aspekt ihrer Persönlichkeit. Jenen, den man sich herausgepickt hat. Er wird zum Bumerang. Unfreiwillig.
"Das Witzige ist doch, daß alles so festgeschrieben wird. Wenn so ein erster Anlauf geklappt hat, weil da eine unheimliche positive Ausstrahlung war, dann schreiben sie dich schon als lachendes Monster fest. So muß man dann auch auf jeden Fall sein. Ich erinnere mich noch deutlich an die erste ZDF Hitparade, bei der nicht so rumgehopst wurde; da kamen dann gleich Stimmen: "Na, das war aber nicht so fröhlich..."

Nena, Sängerin und Band, bleiben nicht unbeeindruckt von dem Wirbel. Man muß lernen mit den Marktgesetzen umzugehen. Und sich selbst treu zu bleiben.
"Das allerwichtigste für mich und meinen Erfolg, das bin immer noch ich selber." sagt Nena. Unterwerfen ist nicht. Unter Druck setzen lassen auch nicht. Bezeichnend für die gesunde Arbeitsweise der Band: das Schlüsselerlebnis hat die Band, allen kommerziellen Erfolgen zum Trotz, beim gemeinsamen Arbeitsurlaub am Wolfgangsee.
"Da haben wir uns ein schönes Haus gemietet. Das war wirklich eine tolle Erfahrung, da waren wir einfach raus aus allem und hatten unsere Ruhe. Vorher war es ja so, daß sich jeder von uns unheimlich gefreut hat, wenn er mal Freizeit für sich allein hatte, um einfach mal seine Wäsche zu waschen." Ein erstes Ergebnis wird im November veröffentlicht. Die Single "?" mit David Sanborn am Saxophon.
"?", das war schon bei den Konzerten im Sommer das Lied ohne Titel, eben ein "?". Natürlich kokettierte der Titel auch mit den Erwartungshaltungen der Medien, nicht zuletzt der Fans. Der Informationsstop warf so manche Frage auf.
Es gibt nicht nur für das Publikum zur Zeit mehr Fragen als Antworten. Das gilt vor allem auch für uns. Warum sollen wir also tun, als hätten wir nur Antworten?!?? Im Großen und Ganzen stehen wir zwar nicht ratlos, so doch zumindest staunend vor den Wundern des Lebens", sagt Carlo.

"?", das Album. Eine sehr sensible und private LP.
"Die Platte hat in jedem Falle mehr Persönlichkeit als die erste, weil von jedem von uns mehr drinsteckt."
Textliche Statements, aber auch klangliche Experimente. Die Kompositionen sind atmosphärisch noch dichter. Vielleicht auch schwieriger zugänglich. Beim ersten Hören zumindest. "?" ist anders, als man sie erwartet hat. Und das ist gut so. Eine Entwicklung ist offensichtlich. Kein "?". Man wird umdenken müssen.

[Presseinfo Januar 84]

[Mit Beiträgen von: Wolfgang Pokall, Jürgen Gerber, Stephan Schelle]


G R O B S C H N I T T

existierte in unterschiedlichen Besetzungen von 1970 bis 1989. Von Anfang bis Ende prägten jedoch zwei Musiker entscheidend die Geschichte der Gruppe:

Gerd Otto Kühn (Lupo) - Lead-Gitarre
geb. 02.10.49 in Preetz

und

Stefan Danielak (Willi Wildschwein) - Gesang, Gitarre, Saxophon
geb. 25.05.51 in Hagen.

Als eine der ersten deutschen Rockbands traten die Hagener mit einer Bühnenshow auf, die im Laufe der Jahre immer ausgefeilter wurde und sich mit den unterschiedlichsten Themen befaßte. Diese Mischung aus Sketchen, Theater, Feuerwerk, Lightshow und Spaß gehörte bei jedem ihrer über 1.300 ca. 3-stündigen Konzerte zu ihrer Musik, die sich natürlich mit der Zeit wandelte. Nur ein Titel gehörte in allen Jahren zu jeder Show: die 30 bis 55 Minuten lange Improvisation "SOLAR MUSIC".

Obwohl von den Medien teilweise unbeachtet oder unterbewertet, galt GROBSCHNITT über viele Jahre als Deutschlands bester Live-Act. Die Band verabschiedete sich von ihren Fans mit einer über 5stündigen "LAST PARTY", bei der fast alle, die einmal dabei gewesen waren nochmals auf der Bühne erschienen.


DIE GESCHICHTE DER BAND

Vorläufer war die Hagener Gruppe CREW, die sich 1969 zunächst in CHARING CROSS und WUTPICKEL spaltete. Im Februar 1970 vereinigten die Musiker sich dann zu GROBSCHNITT. Durch ein sehr altes Foto kam die Gruppe zu ihrem ungewöhnlichen Namen. Toni (er gehörte damals zur Roadcrew, später mehr zu ihm) hatte es zu einem Übungsabend mitgebracht. Es zeigte eine Söldnerband, in der einst sein Großvater musizierte mit dem Namen KAPELLE GROBSCHNITT, aufgenommen Neujahr 1916.

Die Gründungsmitglieder:
- Gerd Otto Kühn (Lupo) - Lead-Gitarre
- Stefan Danielak (Willi Wildschwein) - Gesang, Gitarre, Saxophon
- Joachim H. Ehrig (Eroc) - Schlagzeug, Percusssion, Elektronik
- Bernhard Uhlemann (Baer) - Bass
- Axel Harlos (Felix) - 2. Schlagzeug(!)
- Hermann Qetting (Quecksilber) - Orgel


Mit diesem Line-up veröffentlichte GROBSCHNITT (Slezak-Musikverlag: "Endlich eine deutsche Gruppe, deren Musik kein Abklatsch dessen ist, was wir seit Jahren an Blues- und Rockmusik aus Großbritannien importieren.") im April 1972 ihre erste LP mit dem schlichten Titel: "GROBSCHNITT", von den Musikern selbst als Klassikrock eingestuft. Gelobt wurde schon damals die Live-Qualität der Band, die mit heutzutage vergleichsweise bescheidenem Equipment unterwegs waren:

Transporter: Transitbus (namens Frankenstein), Klein-Lkw "Käse"
Gesang: 8 x 100 Watt
Schlagzeug: 2 x 140 Watt
Orgel/Piano: 600 Watt
Gitarren + Bass: je 100 Watt
Elektronische Effekte: GROBSCHNITT-Pult
(Erocs erster selbstgebauter Synthesizer!)

Noch im Sommer 1972 verließen Baer, Felix und Quecksilber die Gruppe und

Volker Kahrs (Mist) - Keyboards
geb. 08.05.51 in Osterholz-Scharmbeck

stieg ein. Durch die Umbesetzung fielen natürlich einige Konzerte ins Wasser, Lupo versprach aber der Hagener Rundschau: "Zum Sockenball des Jugendamtes am 16. September in der Ischelandhalle sind wir aber wieder voll da." Die Halle durfte zur Schonung des Bodens nicht mit Straßenschuhen betreten werden, nur Socken oder Turnschuhe waren erlaubt. Über die LP "GROBSCHNITT" berichtet die Tageszeitung: "Verkauft wird nicht nur in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Skandinavien, sondern inzwischen auch in Japan und Australien!"

Im Herbst tourten Lupo, Eroc, Willi und Mist erfolgreich durch Norddeutschland, wo sie nicht nur mit ihrer Musik und Show für Furore sorgten. Reichliches Aufsehen erregte ihr Plakat, das ein gekreuzigtes, eierlegendes Monstrum zeigte. Es durfte in einigen Orten gar nicht oder nur durch Aufkleber entschärft aufgehängt werden.

Ab 1973 bereicherten die Roadies

Rainer Loskand (Toni Moff Mollo)
geb. 27.09.53 in Hagen

und Ralf Gräber (John McPorneaux) mit ihren Auftritten die Bühnenshow. Hauptthema war das Schauspiel "AM ÖLBERG", eine durchaus gewagte, dennoch harmlose, ca. 20minütige Persiflage auf die gleichnamige biblische Geschichte.

Im September 1973 kehrte Baer zurück. Die Band erlangte zunehmend Aufmerksamkeit beim Publikum und in den Medien. In der ZDF-Drehscheibe wurden sie bundesweit vorgestellt. Zur Show gehörte neben Verkleidung und Klamauk vor allem reichlich Feuerwerk, und das Überspielen von Pannen beherrschte GROBSCHNITT bereits meisterlich.
1974 ging es vielversprechend weiter, z.B. im März: Mit 14 weiteren Bands (u.a. Udo Lindenberg mit Panikorchester, Birth Control und Guru Guru) bestritten sie das 2tägige German-Rock Festival in der Dortmunder Westfalenhalle. Sie hatten die undankbare Aufgabe, Sonntag morgens um 5.00 Uhr! aufzutreten, außerdem hatten sie am Abend vorher in dem kleinen Ort Eiterfeld irgendwo an der damaligen innerdeutschen Grenze ein Konzert gegeben. Trotzdem erwiesen sie sich als unumstrittener Höhepunkt dieses Festivals und stellten alle anderen in den Schatten. Selbstverständlich spielten sie ihr volles 2,5stündiges Programm, und wer damals im Publikum war, wird diesen Morgen wohl nie vergessen haben.

Kurz darauf, im April 1974, kam das Doppelalbum "BALLERMANN", produziert von Rattles-Gitarrist Frank Mille, in die Plattenläden. Mit dem ersten Titel "SAHARA" machten GROBSCHNITT sich darüber lustig, daß deutsche Gruppen es für nötig hielten, ihre Texte grundsätzlich in englischer Sprache zu verfassen. Aber vorläufig paßten auch sie sich diesem Trend an. Höhepunkt des Albums ist wohl "SOLAR MUSIC", das hier zum ersten mal in einer 33 Minuten langen Version in Vinyl gepreßt wurde.

Live unterwegs war der "verrückte Haufen aus dem Sauerland" weiterhin mit der "ÖLBERG-SHOW" und die Roadies Ballermann und El Blindo mischten auf der Bühne mit. Toni Moff Mollo machte sich als Gasmann einen Namen. Eroc überraschte mit einem Trompetensolo, das natürlich völlig schräg ausfiel. Eine Tonbandcollage aus einer Reportage t des ZDF über die Band berichtete von amerikanischen Bands wie Alice Cooper, die mit ihren Shows ordentlich abkassieren würden und den Trend deutscher Bands, dieses nachzuahmen - ob hier auch Selbstironie im Spiel war, sei dahingestellt. Aber Rockmusik ist auch Geschäft, bei Grobschnitt war für diesen Teil der Arbeit von Anfang an Lupo zuständig.

Im Februar 1975 veröffentlichte GROBSCHNITT-Drummer Eroc seine erste Solo-LP mit dem Titel "EROC". Bär verließ im Frühjahr endgültig die Band und widmete sich von nun an seinem Beruf als Lehrer. Mit Wolfgang Jäger (Popo) - Bass
geb. 28.03.52 in Herne

fand man schnell einen passenden Ersatzmann, der sich hervorragend in die Gruppe einfügte. Bei den zahlreichen Konzerten brachte GROBSCHNITT mit der "SAHARA-SHOW" als Auftakt und weiteren Gags und Slapstick das Publikum und oft auch sich selbst zum Lachen. Die Musiker boten als Beduinen und Zauberer verkleidet und geschminkt eine Show irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit. Die Tagesschaufanfare erklang ebenso wie Marschmusik, diverse elektronische Effekte und Klangcollagen vom Band. Das gesamte Programm hatten die GROBSCHNITT-Mitglieder selbst erarbeitet und sämtliche Kostüme in Eigenarbeit angefertigt.

Mit einer neuen, 35.000 Watt starken Lichtanlage (für die Bedienung war hauptsächlich Toni zuständig) setzten sie schon damals Maßstäbe auf Deutschland Bühnen, und jede Menge Feuerwerk fehlte natürlich auch nicht. Zehn bis fünfzehn Auftritte pro Monat bewältigte die Band und überzeugte derart, daß eine USA/Kanada-Tournee im Gespräch war. Sie kam dann aber doch nicht zustande.

Aber ein Konzert in Oldenburg wurde im Radio (NDR 2) live übertragen. Moderator Lutz Ackermann (noch heute gefragt bei Volksmusik-Veranstaltungen in der Provinz!) verstand kurz vor Ende der Übertragung Erocs Äußerung, für das Live-Publikum weiterzuspielen, falsch. Nach Konzertende kam es deshalb zu einer Konfrontation zwischen der Band und den Radiomachern - seitdem wurde GROBSCHNITT von diesem Sender gemieden wie die Pest.

Im September 1975 erschien das Album "JUMBO", zunächst ausschließlich in englischer Sprache. Die Texte stimmen größtenteils nachdenklich, wobei die Musik dabei durchaus melodisch ist. Das Cover ziert ein "dickes" Flugzeug mit bekannten Figuren aus der Werbung, z.B. das berühmte HB-Männchen, die lila Milka-Kuh, den Sarotti-Mohr etc. Der Grafiker Wandrey hatte es ursprünglich für einen Hör Zu Titelbild-Wettbewerb gestaltet. Die Plattenfirma Metronome schlug das Motiv vor und der Gruppe gefiel es ebenso und so kam es zu dem Titel "JUMBO", obwohl auf der LP kein Stück mit diesem Namen ist.

Winfried Trenkler lud die Band zu einer WDR-Rundfunksendung ein, um die LP vorzustellen. Das ging natürlich recht spaßig ab, sogar einen Trailer hatte Eroc abgemixt: "Ich bin der GROBSCHNITT-"JUMBO", bring' Musik euch ins Haus - d'rum wetzt mal schnell die Nadel, und legt mich schleunigst auf! Die Spaßfamilie GROBSCHNITT, die zeigt euch, was sie kann - d'rum holt euch schnell den "JUMBO", und hört ihn fleißig an."

Irgendwann Ende des Jahres 1975 mußte die "ÖLBERG-SHOW" leider aus dem Programm gestrichen werden - jemand hatte offensichtlich das Tape gestohlen! Noch allen Beteiligten gut in Erinnerung ist ein Auftritt am 6. Dezember 1975 in der Aula der Ingenieurakademie Westerberg in Osnabrück. Ein großer Nikolaus mit Rauschebart, Hirtenstab, Mitra, Kostüm und einem Sack voller Geschenke begehrte Einlaß in die Halle. Selbstverständlich wurde er kostenfrei eingelassen und beschenkte unter großem Jubel die Musiker auf der Bühne. Leider weiß niemand, wer jener "gutmütige alte Herr", der bei "SOLAR MUSIC " im Feuer stand, wirklich war.

Im Februar 1976 kam die deutsche Fassung des "JUMBO" auf den Markt. Die bekannte Zeitschrift "Musik Joker" bezeichnete die LP als "ein Meisterwerk". Die damals vorherrschende Meinung, Deutsch eigne sich nicht für den Rock, wird hier eindrucksvoll widerlegt. Die Texte setzen sich dem allgemeinen Zeitgeist entsprechend u.a. mit Umweltproblemen und Freizeitkonsum auseinander. In der Muttersprache kommen sie vielleicht besser zur Geltung und der Titel "TRAUM UND WIRKLICHKEIT" spiegelt das Flair, das GROBSCHNITT bei ihrer Bühnenshow verbreitet, perfekt wider. Der WDR als "Heimatsender" widmete der Scheibe natürlich wieder eine Sendung. Das übliche Chaos blieb dabei nicht aus.

Pannen (es gab davon unzählige im Laufe der Karriere der Band) wurden nicht versteckt, sondern spontan und absolut geschickt in die Shows eingebaut und vom Publikum beklatscht Das beeindruckte sogar die Presse. So wurde von einem gelungenen Konzert in Lippetal-Oestinghausen berichtet: "Drei Stunden schafften sich die Jungs auf der Bühne und bewiesen, daß sie das Eintrittsgeld dreimal Wert waren...Auch die Tatsache, daß sie Probleme mit der Anlage hatten, konnte den Ablauf des Konzerts kaum stören. Notwendige Reparaturpausen wurden mit dummen Sprüchen gekonnt überbrückt."

Sogar die "BRAVO" veröffentlichte Fotos und bezeichnete die Hagener als "eine der interessantesten deutschen Rockgruppen." Eine Tageszeitung warnte nach einem Event in Meschede mit dem Titel: "Diese Gruppe ist gefährlich" und schrieb: "...neben der wirklich umwerfenden Show produzieren die acht Herren...auch noch hervorragende Musik...Sie machen dabei nicht den Fehler, sich selbst und ihre Musik tierisch ernst zu nehmen!", und Lupo wäre "...der Schönling der Gruppe, so eine Art Pop-Star."

Die "Neuß-Grevenbroicher Zeitung" beschrieb GROBSCHNITT so: "Ihre Musik unterscheidet sich von der bis jetzt gängigen Kunst...Ihr Konzert läuft fast ab wie ein Film. Theatralische Einlagen und Szenen voller Ironie wechseln ab mit spontanen Gags und einer Anzahl ausgereifter musikalischer Kompositionen."

So sah die Band sich damals selbst: "Völlig entgegen der üblichen lächerlich ernsthaften Musiziererei veranstaltet GROBSCHNITT Höllenklamauk auf der Bühne, der den Zuschauern und den Mitgliedern selbst oft vor Lachen die Tränen in die Augen treibt." Weniger lustig: "Finanziell leben wir am Rande des Existenzminimums, denn jeder Pfennig wird in die Gruppe investiert; über allem (auch privat) steht der Wille, die Sache weiterzuführen." Mit einer riesigen Portion Disziplin und Power haben sich Lupo, der hier wohl die treibende Kraft war, und seine Mitstreiter durchgebissen. Ich weiß, es war wirklich manchmal sehr schwer damals. Heutigen Band fehlt es leider fast immer an solchem Durchhaltevermögen. Die schnelle Mark lockt, da bleibt wirklich gute Musik oft auf der Strecke.

Erocs zweite Solo-Scheibe "EROC II" kam im November 1976 (hoffentlich noch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft) in die Läden. Trotz dieser Eigenproduktion wuchs die Band personell weiter zusammen und wurde immer erfolgreicher.
Nach einer intensiven Vorbereitungszeit von zehn Monaten ging die Gruppe im November 1976 ins Studio von Conny Plank, um bis Februar 1977 die nächste LP "ROCKPOMMEL'S LAND" aufzunehmen. Während der Produktion erscheint im FACHBLATT ein Interview mit Lupo - er schimpft über die restliche Presse, die nach seiner Meinung GROBSCHNITT in den zurückliegenden Jahren übersehen hat oder nur Scheiße berichtete. Er läßt dabei absolut jegliches Feingefühl vermissen, seine Äußerungen sind teilweise bitterböse und überheblich.

Über die Musikkritiker: "... haben sich den Arsch vollgefressen und gesoffen, und zum Schluß sind sie dann eben mal reingekommen, hallo, guten Tag, und dann haben sie irgendwelchen Blödsinn geschrieben, obwohl sie total stramm waren." Hammerhart, es handelt sich hier wirklich um ein Presseinterview! Auch wenn wohl ein Funken Wahrheit in den Vorwürfen steckt, so sollte man nicht mit den Medien, ohne die nun mal in der Branche nichts läuft, umspringen. Auch wenn die Fans derartige Provokationen durchaus liebten und Lupo trotzdem glaubt: "...der Tag X, an dem man uns ernstnehmen muß, der kommt, und dann haben wir es allein geschafft, keiner hat für uns Hype gemacht... Wir haben in unseren Konzerten und mit unserer Musik und unserer Show überzeugt!"

Trotz dieser Entgleisung berichtet der MUSIK JOKER im April positiv über die Band. Entscheidenden Einfluß hatte hier jedoch Winfried Trenkler, schon immer ein großer Freund GROBSCHNITTS. Auch der MUSIKER berichtet und führt ein kurzes Interview mit Lupo, der hier absolut professionell und emotionslos antwortet.

Im Mai 1977 kam "ROCKPOMMEL'S LAND" heraus. Es handelt sich um ein Konzept-Album mit lediglich vier Titeln. Die Geschichte dreht sich um einen kleinen Jungen mit dem Namen "Ernie". Er unternimmt eine abenteuerliche Reise auf dem Vogel "Marabou", die am Ende in "ROCKPOMMEL'S LAND" glücklich endet. Ein Märchen mit Bezug zur Realität, in englischer Sprache verfaßt. Die deutsche Übersetzung der Story wird jedoch mitgeliefert und das Fantasy-Cover ist sehr anspruchsvoll gestaltet.

Pressestimmen: "Ihre beste LP bis dato" (HÖR ZU), "erinnert in ihren Klangstrukturen stark an Yes" (RECORD MIRROR), "Für die Fans der Band wurde ganz besonders darauf Wert gelegt, die bekannte und beliebte Live-Atmosphäre zu erhalten, wobei aber gleichzeitig den soundverwöhnten Ohren der HiFi-Freaks durch den wohlproduzierten Sound Rechnung getragen wurde...Hervorzuheben an dieser Produktion ist vielleicht noch, daß es der Band wirklich gelungen ist, internationale Qualität zu erzielen, ohne dabei ihre Eigenständigkeit, ihre Unverwechselbarkeit zu verlieren."

Natürlich wurde "ROCKPOMMEL'S LAND" auch auf der Bühne mit aufwendigen Kostümen und dem typischen Humor umgesetzt. In die Figur des "Ernie" schlüpfte Toni, und Eroc erzählte die Geschichte auf seine unnachahmliche Art - eine einmalige Show auf Deutschlands Bühnen! So füllten am 06.11.1977 ca. 6.000 Zuschauer die Halle Münsterland in Münster, um die Band live zu erleben und zu feiern, soviel wie nie zuvor oder danach.

Im Januar 1978 erlebte ich mein erstes GROBSCHNITT-Konzert. Gleich nach Beginn der Show erklang zu einer schmissigen Melodie ein etwas schräger Gesang: "Ein' schönen guten Tag Ihr Leut', jetzt sind wir endlich da. Wir Grobschnitts spielen für Euch heut', ist das nicht wunderbar? Denn was heut' abend hier passiert, das gab es hier noch nie. Es ist die allergrößte Show von Kiel bis Miami, worauf Ihr einen lassen könnt, denn dafür sind bekannt: Die tollen sechs aus Hagen, dem Tor zum Sauerland!" Es folgte die Vorstellung der einzelnen Bandmitglieder mit lockeren Kommentaren. Leider wurde dieser gelungene Einstieg ins Programm kurz darauf gestrichen.

GROBSCHNITT tourte auch 1978 ausgiebig durch die ganze Bundesrepublik, zu 60 Konzerten kamen 120.000 Zuschauer. Im Gepäck hatten sie u.a. die Söldnershow. Eine deutsche Truppe "bewachte" die Schwarzenbacher Brauerei, um die Vorräte vor den anmarschierenden Franzosen zu "retten", besser zu "vernichten". Den Soldaten viel einfach nichts besseres ein, als das Bier auszutrinken. Natürlich wurde auch kräftig musiziert, und bei diesem Klamauk kam Lupos "Gesang?" besonders gut zur Geltung.

Und dann kündigten sich beim Hauptmann Elias und seinem Hund Ferkel auch noch die alten Kameraden zu Besuch an. Die Aufregung war groß und das Häuschen mußte auf Hochglanz gebracht werden. Schließlich gönnte sich der Hauptmann ein gemütliches Pfeifchen auf seinem Plumpsklo. Nachdem heftige Darmgeräusche zu hören waren, explodierte dann das "kleine Häuschen" aufgrund der Gasbildung mit einem lauten Knall.

Von den Fans heiß erwartet kommt im September 1978 endlich "SOLAR MUSIC" live auf Vinyl heraus, aufgezeichnet am 17. April in Mülheim. Wegen der besseren Berechnung der GEMA-Gebühren und zur Erleichterung bei der Stückauswahl für die Rundfunksender wurde das Stück in Titel aufgeteilt. "FOOD SICORE" ergibt allerdings nur von hinten gelesen einen Sinn.

Am 22.09.1978 wurden in einer ZDF Aspekte-Sendung mit dem Thema Kultur im Ruhrgebiet GROBSCHNITT und die neue LP vorgestellt. Zum Jahresende präsentierte der ROCKPALAST im 3. Fernsehprogramm (WDR) eine Zuschauer-Hitparade, an der 15 deutsche und ausländische Bands (u.a. Rainbow) teilnahmen. Platz 1 belegte GROBSCHNITT!

"Die Presse bemüht sich nun auch um GROBSCHNITT und allenthalben findet man Fotos und Berichte, die sich mit dem Phänomen aus Hagen beschäftigen...In diesem Jahr durchbrach die Band endgültig die Barriere zum Publikumsmagneten, und von nun an kann sie mit Fug und Recht behaupten, mehr Leute zu normalen Preisen in die Konzertarenen zu locken als die meisten , wirklich die meisten englischen oder amerikanischen Bands...Doch dieser Erfolg kam nicht von ungefähr...Ihr maßgeschneidertes Soundkostüm, leicht und angenehm durchsichtig einem maßgeschneidertem P.A. eigener Spezifikation entnommen, begeisterte..."

Um die Equipment-Liste hier wiederzugeben, fehlt der Platz - zwischen 1978 und 1972 liegen Welten. Aber guter Live-Sound gehörte eigentlich immer zu GROBSCHNITT. Nach langer Suche fand die Gruppe Ende 78 endlich einen geeigneten Übungsraum, einen alten Gutshof in Sprockhövel. Bis dahin hatten die Musiker in der Ischelandhalle geprobt, und mußten sämtliches Equipment jedes mal auf- bzw. abbauen. Auch die 78er Poll-Ergebnisse ließen kaum Wünsche offen: MUSIK EXPRESS Platz 1 "deutsche Bands", SOUNDS Platz 1 "bestes Konzert" und "unterbewerteste Gruppe".

Im März 1979 warf Eroc sein drittes Solo-Projekt EROC III auf den Markt. Weil der Übungsraum in der Scheune des Gutshofs noch nicht fertig ist, entstanden die Songs für den nächsten GROBSCHNITT Longplayer im Bauernhaus, das Popo bewohnte. Toni wurde zum ersten mal als Sänger eingesetzt, und auch sonst war vieles anders bei dieser Produktion. Conny Plank wirkte nicht mehr mit, als neuer Engineer fungierte Walter Quintus. Als Aufnahmestudio wurde das "Rüssl" von Otto Waalkes in Hamburg ausgewählt.

Im September wurde dann schließlich "MERRY-GO-ROUND" veröffentlicht, das Cover ziert eine Traumlandschaft mit Elementen aus den Titeln. Mist hatte mit einem Grafiker der Plattenfirma das Ganze als Modell gebaut. Matthias Mineur (Repertoire Records) über die Scheibe: "MERRY-GO-ROUND verbindet die progressiven Elemente der Vergangenheit mit den gewaltigen Stimmungsbögen des SOLAR MUSIC-Spektakels."

Die Fachpresse war geteilter Meinung. POP 23/79 "Sechstes Werk der "Traumrocker" aus Hagen. Sechs zarte, sanfte, sentimentale, feinfühlige Songs zum Träumen und Fliegen. Das vorliegende Album ist allen Pink Floyd-, Yes- und Genesis-Fans zu empfehlen, die angelsächsische "Produzier-die-Hälfte-Diät" nicht mehr aushalten. "MERRY-GO-ROUND" ist eine wunderbar gelungene Ersatzdroge - Made in Germany!!!

Dagegen der MUSIK EXPRESS im November 1979. "Kapiert doch endlich: Lupo, Mist, Wildschwein, Ballermann, Geheimrat Günstig und all ihre Freunde sind die Village People! Sie sind anscheinend von ihrem Disco-Trip 'runter und machen jetzt handfeste deutsche Rockmusik, vergleichbar etwa mit Grobschnitt. Die Keyboards wabern und flirren, die Gitarren singen, die Texte sind englisch und unglaublich uninteressant. Grob: Shit!"

Die Tournee im Oktober/November 1979 führte durch 46 Städte. Vor dem offiziellen Start gab die Band drei Konzerte in der Kulturhalle Menden als eine Art Generalprobe, wie bei fast allen ihrer Konzertreisen. Ca. 130.000 Zuschauer sahen die Show mit typischer Jahrmarktatmosphäre in überwiegend großen Hallen. Toni z.B. lud zur Karussellfahrt ein :"Es sind noch Plätze frei, steigen Sie ein, steigen Sie zu!", und eine Luftballonverkäuferin fehlte auch nicht. Leider trat GROBSCHNITT auch in diesem Jahr nicht in ihrer Heimatstadt Hagen auf.

Ende 1979 verließ Popo den Haufen. Er ging nicht freiwillig, es war keine reibungslose Zusammenarbeit mit den anderen mehr möglich. Hauptgrund war wohl mangelnde Disziplin Popos, also verabschiedete man sich von ihm. Als Ersatz kam im Februar 1980

Michael Kapolke (Milla) - Bass, Gesang, Gitarre
geb. 26.10.52 in Hohenlimburg.

Kurz darauf stieg Popo bei EXTRABREIT ein. Er nannte sich "Hunter" und machte eine beachtliche Karriere im Sog der Neuen Deutschen Welle. Wie der Name schon sagt, waren hier andere "Tugenden" gefragt als bei GROBSCHNITT. Kurioserweise teilten die beiden Bands sich anschließend eine Zeit lang den Übungsraum, obwohl das Verhältnis zueinander alles andere als gut war.

1980 verzichteten die sechs Musiker auf eine Tournee. Im Mai erschien die Live-LP "VOLLE MOLLE" mit Aufnahmen der 79er Tour aus verschiedenen Städten. Nach Millas Einstieg ging es an die Vorbereitungen für "ILLEGAL". Die Produktion dauerte schließlich acht Monate. Völlig ohne Zeitdruck und Studio wurde alles im neuen Übungsraum eingespielt und schließlich mit Erocs Geräten aufgenommen. Auch eine neue Show wurde erarbeitet. Milla Kapolkes Einfluß bei dem Projekt war bereits sehr groß.

Während der Arbeit an der LP starb GROBSCHNITTs langjähriger Roadie El Blindo - er wurde ein Opfer harter Drogen.

Anfang 1981 kam "ILLEGAL" in die Läden. Der Einfluß Milla Kapolkes ist deutlich hörbar, sowohl musikalisch als auch bei den Texten. Es geht fast durchgehend um Illegalität im weitesten Sinne (Marihuana, Anti-Atomkraft-Bewegung). Das Titelstück geht auf eine wahre Begebenheit zurück: Eine Bochumer Band war angeklagt worden, weil sie ohne behördliche Genehmigung in Dortmunds Fußgängerzone Musik gemacht hatte. Mit "SILENT MOVIE" und "RAINTIME" befinden sich auch zwei sehr melodiöse, langsame Stücke auf der Scheibe, von Lupo und Willi auf akustischen Gitarren gespielt. Die Neue Deutsche Welle hat auf die Musik sicherlich auch etwas Einfluß gehabt bei den weiteren Titeln. Textlich versuchen die Hagener, sich einen intellektuellen Anstrich zu geben. Endlich sollte es auch wieder auf Tour gehen. In einem Interview mit dem MUSIKER gibt sich Lupo absolut zuversichtlich über den zu erwartenden Erfolg: "...wir starten Ende Februar, Pink Floyd etwas früher...da haben sie Glück gehabt..." und freut sich auf die kommenden Wochen:. " Die Tournee ist unser Urlaub. Die Vorbereitungen sind nur tierisch hart."

Nach zwei Monaten Proben in der Mendener Kulturhalle startete die Band im Februar durch 45 Städte. Im Gepäck ein neues Programm mit neuer Show. Die Konzerte dauerten meistens über drei Stunden (mit Pause), und das Publikum wurde mit einbezogen. Bei einem lustigen Quiz mit Moderator Ballermann gab es als Hauptgewinn eine Zahnarztbehandlung bei dem leicht verrückten Dr. Salzmann (Toni) zu gewinnen. Dieser "arbeitete" mit überdimensionalen Instrumenten, als Bohrgeräusch hörte man einen Preßlufthammer etc. Nach überstandener Behandlung wurde der "Patient" mit einem T-Shirt belohnt. "SOLAR MUSIC" wurde in völlig anderer Form und verkürzt als "POWERPLAY" präsentiert.

Die ganz großen Hallen wurden nicht mehr angesteuert, und wieder gab es kein Konzert in Hagen. In der Ischelandhalle wollte die Gruppe nicht auftreten, weil die Zuschauer die Schuhe ausziehen mußten. Mit der Stadthalle gab es ebenfalls Bodenbelagsprobleme - hier sollte GROBSCHNITT nur vor Verlegung des Fußbodens spielen. Das kam natürlich nicht in Frage.

In den Medien fand die "ILLEGAL"-Tour wenig Beachtung und auch ein Teil der alten Fans hielt nicht viel von dem neuen Konzept. An die Erfolge von 1978 und 1979 konnte der Sixpack nicht anknüpfen. Dazu kam eine allgemeine Konzertflaute. Die Band, aus der inzwischen eine Firma geworden war, die mit eigener, großer P.A. reiste, blieb trotzdem optimistisch. Lupo konnte sich gut vorstellen, auch im Jahr 2001 noch auf der Bühne zu stehen, teilte er dem FACHBLATT jedenfalls mit. Schließlich hatte sich ja auch die Single-Auskopplung "SILENT MOVIE" zu einem Hit gemausert.

1982 wurde Mist gekündigt. Die Musiker konnten sich nicht auf eine gemeinsame Arbeitsweise bei den Proben einigen. EROCs 4. Soloscheibe und GROBSCHNITTs LP "RAZZIA" erschienen auf dem Plattenmarkt.

"RAZZIA" wurde ohne Keyboarder von der übrig gebliebenen Fünfer-Besetzung aufgenommen. An den Vorbereitungen hatte Mist jedoch z.T. noch mitgewirkt. Toni etablierte sich als zweiter Sänger. Die Keyboardparts übernahm Eroc. Milla Kapolke hatte auch an dieser Produktion großen Anteil, und die damals herrschende Welle schwappte ein wenig herüber. Als Singletitel wurde "WIR WOLLEN LEBEN" ausgewählt. Wieder konnte GROBSCHNITT damit einen kleinen Hit landen.

Mit Jürgen Cramer, geb. 26.04.57

aus Bremen fand die Band einen neuen Tastenmann. Ihm wurden genau die Übungsbedingungen eingeräumt, die Mist zuvor gefordert hatte.

Am 21.08.82 war der nun wieder komplette Sechser im MUSIKLADEN EXTRA im 1. Programm der ARD zu Gast. Im Herbst war es wieder soweit...on the road again. Für die Fans gab es ein aufwendiges Tourmagazin mit einer getroffenen Beschreibung des Toureinerleis und Kurzbios der Gruppe und der Mitglieder.

Über Lupo: "...der Hexer aus Hagen...In der Band gilt er als Finanzexperte, Investmentspekulant, Pacemaker, Charmeur(?)...Am liebsten spielt er mit Wildschwein akustische Gitarre...Außerdem lacht er gerne, am lautesten über seine eigenen Witze...". Besonders interessant zu lesen, daß er erst im Alter von 16 Jahren zur Musik und zum Gitarrespielen kam.

Eroc findet sich in dem Gedicht "DER NARR" von Khalil Gibran wieder und zu Willi ist zu lesen: "...wenn man so singt wie ein Wildschwein, bleibt man nicht lange ein Hobbymusiker...Willi hat den Blues drin und seine Gitarre kommt da an, wo sie hin soll. Im Bauch...".

Und Toni: "...wurde der Welt einziger Lichtmischer, der auf der Bühne mitmixt...10 Jahre später fing er an zu singen...".

Milla meint: "...Das wichtigste für einen Musiker ist das Fließen...Musik ist Meditation...".

Ballermann als technischer Direktor und Produktionsleiter und Toningenieur Geheimrat Franz Günstig sind mit Foto vertreten. Beide haben viele Jahre für GROBSCHNITT gearbeitet - ohne sie wären die Konzerte der Band nicht so erfolgreich und unvergleichlich gewesen.

Die BRAVO (!) widmete Lupo und Co. eine halbe Seite mit Fotos, Kurzgeschichte der GROBS und Bericht über die einmalige Live-Show.

Nach einer kurzen Winterpause dann die Ankündigung: "Wir sind die Sonne - rechtzeitig zum Frühlingsanfang geht die Band auf Tour. Damit es ein Fest wird - zum Rocken, Tanzen, Träumen und Lachen." 25 Konzerte in kleineren und mittleren Hallen (einziger großer Gig in der Philips-Halle Düsseldorf) absolvierten die Musiker. Letzte Station war Köln am 12.06.83. Danach verließ Eroc die Gruppe, die er einst mit gründete. Für viele Fans war das eine große Enttäuschung, und ohne Frage war es ein herber Verlust für GROBSCHNITT.

Aber es hatte in der letzten Zeit zu viele Dispute unter den Musikern gegeben und Eroc strebte zudem eine Solokarriere an, nicht zuletzt wegen des großen Erfolges seiner "WOLKENREISE". Er blieb weiter als Musiker aktiv, machte sich auch als Produzent einen Namen und "tüftelt" bis heute als Tontechniker. In einer Band spielte er jedoch nie wieder.

Neuer Drummer wurde

Peter Jureit.

Er wechselte von den CONDITORS, die für kurze Zeit recht viel Erfolg mit der Neuen Deutschen Welle hatten, zu den GROBS. Mit ihm gingen die Sechs Ende 1983 ins Studio, um den nächsten Longplayer aufzunehmen.

1984 ging die Band mit der LP "KINDER UND NARREN" an den Start, wieder mit deutschen Texten, aber inhaltlich und musikalisch weit weg von dem, was GROBSCHNITT einst ausgemacht hatte. Zwar handelt es sich wieder um ein Konzeptalbum mit einem phantasievollen Märchen wie schon bei "ROCKPOMMEL'S LAND", diesmal ist die Hauptfigur der Narr "Fulio" - aber sonst findet man auf der Scheibe kaum typisches.

Die Story handelt von verlorenen Gefühlen, der Suche nach Liebe und Freiheit in einer leeren Welt. Reichlich intellektuell die Lyrics, teilweise absurd und wohl nur für Milla Kapolke, verantwortlich für diesen Ausflug (oder besser Ausrutscher) in höhere Sphären, verständlich. Kleine Kostprobe: "Keine Angst, es gibt keine Wirklichkeit, die anderen malen den Kopf...Alles lose, das Klatschen einer Hand ist der Ton...". Die Single "Wie der Wind" wurde ein Hit bei den Rundfunksendern, vor allem bei der WDR-Schlagerrallye, wo sie sogar Platz 1 belegte.

Die "KINDER UND NARREN"-Tournee führte durch 40 Städte der BRD, ein Abstecher nach Zürich war dabei und allein im Berliner Quartier Latin standen zu Ostern vier Konzerte nacheinander auf dem Programm. Endlich traten die Hagener wieder in ihrer Heimatstadt auf. 3.000 begeisterte Zuschauer feierten dieses Ereignis in der Stadthalle.

Auch bei der Show ging man neue Wege. So bemühten zwei Tänzerinnen (aus Paris?) sich etwas krampfhaft, "SILENT MOVIE" zu interpretieren. Sorry, sicher ist sowas Geschmackssache, aber beim Publikum kam es wirklich nicht besonders gut an. Zu wenig kam außerdem der berühmte Spaß 'rüber.

MUSIK SZENE brachte eine Extraausgabe zur Tour heraus. Zu lesen gab es u.a. die Geschichte zur LP, ein Interview mit Lupo und Milla und eine Kurzfassung vom Lebenslauf der Gruppe.

Das FACHBLATT brachte auch in diesem Jahr einen umfassenden Bericht. Jedoch bezweifelte das Magazin ebenfalls, ob die Texte des aktuellen Longplayers für Leute, die in gewöhnlichen Kategorien denken, verständlich sind. Als Bildunterschrift bei einem Foto, das die Band mit drei kleinen Kindern zeigt, wählte der Redakteur: "Familienväter und Märchenonkel."

Im nächsten Jahr gab es keine neue LP, die GROBS konzentrierten sich auf ihre Jubilee-Tour 85. Über 100.000 Zuschauer erlebten bei ca. 70 Konzerten die Höhepunkte der 15jährigen Geschichte der Gruppe. Die Stadthalle Hagen fehlte natürlich nicht bei diesem wichtigen Ereignis, über 3.000 Zuschauer umjubelten "ihre Jungs". Und auch beim Motorrad-Rock-Festival lauf der Loreley ernteten sie großes Lob.

Jürgen Cramer hatte sich vor der 85er Tournee verabschiedet. Neuer Keyboarder war deshalb

Thomas Waßkönig (Tarzan).

Er paßte von Anfang an wesentlich besser zu dem "verrückten Haufen", zumal er mit seiner eigenen Art von Humor zum Spaß in den Shows reichlich beitrug.

Im Sommer fiel dann Peter Jureit aus. Er hatte seine Sehnen derart überstrapaziert, daß ihm die Ärzte beide Arme eingegipst hatten! So sprang kurzfristig

Rolf Möller, geb. am 02.05.56 in Hagen

als Drummer ein. Zu der Zeit war er eigentlich noch bei EXTRABREIT engagiert, entschied sich jedoch später ganz für GROBSCHNITT. Peter Jureit mußte aus gesundheitlichen Gründen das Schlagzeugspielen völlig aufgeben. Er ist der Musik trotzdem treu geblieben und betreibt mit einem Partner ein Studio in Dortmund.

1986 erschien dann der Longplayer "SONNENTANZ LIVE", aufgenommen während der 85er Jubilee-Tour. Es handelt sich dabei allerdings um "SOLAR MUSIC", diesmal halt unter anderem Namen, 40 Minuten lang und in 7 Einzeltitel aufgeteilt. Dazu dann, recht einfallslos, die "SONNENTANZ-TOUR" 86, wohl eine der kürzesten der letzten Jahre. In den Medien fand sie kaum Beachtung. Eine Durststrecke für die Sechs. Wenigstens konnten sie einige Titel, die für die nächste Produktion vorgesehen waren, beim Publikum testen.
Nach 3 Jahren Pause gingen die Hagener wieder ins Studio. Ausgewählt hatten sie diesmal das Dortmunder Woodhouse, dessen Mitinhaber Eroc war. Er hielt sich aber völlig aus dem Projekt heraus, als Engineer fungierte Siggi Bemm. Auf einen Fremdproduzenten hatte man wie immer verzichtet. Das Ergebnis , die LP "FANTASTEN", präsentierte GROBSCHNITT 1987 (erstmals auch auf CD) auf ihrem neuen Label Teldec. Von der Metronome hatte die Band sich nach 15-jähriger Zusammenarbeit mit Auslauf des Vertrages getrennt.

Die neue Plattenfirma pries den 13. GROBSCHNITT-Longplayer als ein typisches Album der Sechs. Diesmal stand kein Konzept dahinter, "FANTASTEN" ist einfach eine Sammlung von Songs. Die Texte sind weniger schwer verdaulich als beim Vorgänger "KINDER UND NARREN". Live wurden alle Titel der Neuerscheinung auf einer ausgedehnten und erfolgreichen Tournee vorgestellt. "KOMM UND TANZ" erwies sich dabei als Publikumsliebling.

Das Medieninteresse an der Produktion war mehr als dürftig. Das Fachblatt, das die Gruppe immer fair behandelte, berichtete auch diesmal positiv, aber durchaus kritisch: "Die Musik finde ich unoriginell und altbacken, die Texte banal bis kitschig...Trotzdem bleibt da Sympathie für diesen eigenartigen Sechser, gespeist...durch dieses hoffnungslos anachronistische Anderssein..." (Andreas Hub). Eigentlich ein Phänomen, und vielleicht haben die Fans ihre Faves gerade deshalb so geliebt und lieben sie zum Teil noch immer.

1988 wurde es vorübergehend still um den Sechser. Es gab weder eine neue LP noch eine Tournee. Innerhalb der Band kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen, private Probleme einzelner Musiker spielten dabei teilweise eine wesentliche Rolle. Aus einer großen Freundschaft zwischen Lupo und Tarzan hatte sich eine tiefe Feindschaft entwickelt. Eine Trennung war am Ende unvermeidbar, Tarzan ging. Heute betreibt er in Münster ein Studio.

Milla Kapolke dachte schließlich ans Aufhören. Man einigte sich, noch ein letztes mal gemeinsam auf Tournee zu gehen. Als neuer Keyboarder wurde dafür

Jürgen Lindemann (Sugar)

engagiert. Er hatte sich schon nach dem Ausstieg von Mist bei GROBSCHNITT beworben. Aus Rücksicht auf sein damaliges Alter (er war erst 17), und weil man seine gesicherte Zukunft nicht aufs Spiel setzen wollte, verzichtete die Gruppe zunächst auf ihn. Gut genug war er schon damals. Eine Entscheidung, die doch recht eindrucksvoll Verantwortungsbewußtsein beweist - ob dies bei allen personellen Belangen so war, sei dahingestellt, ebenso kann man natürlich nicht nachvollziehen, ob es in diesem Fall richtig war.

Die Vorbereitungen für die "LAST PARTY TOUR" konnten beginnen, eine Arbeit, die hauptsächlich Lupo zu erledigen hatte. Obwohl er gerne bei dieser wirklich letzten Reise dabei gewesen wäre, stieg Milla dann doch noch aus. Er nahm ein verlockendes Stellenangebot in Portugal an, kehrte aber später nach Hagen-Hohenlimburg zurück. Heute ist er dort als Lehrer tätig und macht nebenbei und zum Spaß noch immer Musik, mit dem Marrakesh Express seit über zehn Jahren recht erfolgreich.

Bei der Suche nach einem passenden Ersatz unterstützte Milla die Musiker noch, mit

Harald Eller (Commodore Stulle)

wurde man dann auch schnell fündig. So startete GROBSCHNITT in neuer Besetzung zur "LAST PARTY TOUR", zum Grande Finale mit allen Klassikern aus Musik und Show der 19jährigen Bandgeschichte. Die beiden Neuzugänge beeindruckten dabei nicht nur musikalisch und durch Spielfreude. Musiklehrer Harald Eller war für den bekannten Spaß der Gruppe eine gelungene Bereicherung, spielte er doch beim legendären "HEINZ-MILLA-SEXTETT" den Kontrabaß - ein neues Instrument im Programm der Hagener und mit Sicherheit selten auf Deutschlands Rockbühnen zu erleben.

Während der gesamten Tournee ging Harald weiter seinem bürgerlichen Beruf nach. Die Planung der Termine bereitete deshalb oft große Schwierigkeiten, Lupo kriegte es jedoch super in den Griff, alles lief glatt.

Die Medien reagierten, wie eigentlich schon immer, mit teilweise recht bösen Überschriften: "Grobschnitt spielte etwas müde zum allerletzten Tanz auf" oder "Provokateure kommen in die Jahre - und die Fans auch". Der überwiegende Pressetenor fiel jedoch diesmal positiv aus, und die Abschiedstournee wurde ein Riesenerfolg.

Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist! Sicherlich hätte man mit dieser erfrischenden Besetzung noch ein paar Jahre weiter machen können, wahrscheinlich war der Zeitpunkt für den Abgang aber goldrichtig - die Fans haben "ihre" Band noch heute in bester Erinnerung.

So endete die wirklich letzte Tour Deutschlands bester Live-Band (und das sind sie bis heute!) mit der "VERY LAST PARTY" am 04.12.1989 in der ausverkauften Stadthalle ihrer Heimatstadt Hagen. In einer über 5stündigen Show ließen sie die letzten 19 Jahre noch einmal Revue passieren. Fast alle "Ehemaligen" waren gekommen und erschienen z.T. auf der Bühne: Eroc als Zauberer und am Schlagzeug, Milla war extra aus Portugal angereist, Popo, Mist etc. fehlten nicht.

Einmalig die Lasershow, extra für diesen Event konzipiert. Eroc versprach, sein Archiv zu durchforsten und kündigte noch etliche Veröffentlichungen an. Vor allem waren da aber die Fans aus nah und fern, die diesen Abend mit ihrer Begeisterung und Liebe zu GROBSCHNITT, ihrer Musik und Show zu einem unvergessenen Erlebnis machten. Diese allerletzte Gelegenheit wurde glücklicherweise genutzt, das einzige offizielle Video der Gruppe aufzunehmen.

Sogar die Presse sparte nach dem grandiosen Finale nicht mit Lob, eine Reunion wurde eigentlich von allen hiernach erwartet - sie wird es wohl nie geben! Keine allerletzte Tournee usw.. - eine bemerkenswert konsequente Haltung, irgendwie aber absolut typisch für den sturen, verrückten Haufen aus dem Ruhrgebiet. Nicht zuletzt deshalb sind sie heute "Kult", für die meisten Fans sind sie zu einem Teil ihres Lebens geworden.



1990 erschien die CD "LAST PARTY LIVE", aufgenommen während der letzten Tour, auf dem alten Label Metronome. Der berühmte gute Live-Sound der Band kommt dabei leider nicht so recht rüber, die Fotoauswahl entschädigt jedoch ein bißchen dafür.
Nach dem Finale gingen die Musiker verschiedene Wege. Lupo wechselte zu der Firma, die für die Lasershow beim letzten Konzert verantwortlich war. Er ist nach wie vor viel unterwegs, legt aber großen Wert auf Familienleben. Dem Musikbuisiness hat er (wahrscheinlich für immer) den Rücken gekehrt.

Wildschwein betreibt zusammen mit seiner Frau eine Postkantine. Mit seinen Söhnen macht er in der Freizeit noch immer regelmäßig Musik. Toni arbeitet in der gleichen Firma wie Lupo, zuständig für Lightdesign. Seine Stimme hat er weiter trainiert, war Gastmusiker bei einer CD-Produktion und hat die Gruppe RAZZIA aus der Taufe gehoben.

Rolf Möller betreibt zusammen mit einem Partner ein Werbe- und Veranstaltungsbüro. Harald Eller ist noch immer Musiklehrer, Sugar Lindemann Studiomusiker.

Eroc präsentierte 1994, wie er bereits beim letzten Auftritt in Hagen angekündigt hatte, die Doppel-CD "DIE GROBSCHNITT-STORY", Teil 1. Ein Querschnitt durch die Jahre, die er mit GROBSCHNITT verbrachte. Teil 2 soll im Oktober 1998 folgen.

Seit dem Frühjahr 1998 endlich auf CD: Das erste Album namens "GROBSCHNITT", "JUMBO" (englische und deutsche Version hintereinander), "ROCKPOMMEL'S LAND", "SOLAR MUSIC LIVE" und "MERRY-GO-ROUND". Alle CDs wurden von Eroc hervorragend remastered. Erschienen bei Repertoire Records, jeweils mit interessanten Bonus-Tracks. Hoffentlich wird diese Reihe fortgesetzt, die Nachfrage ist groß.

In den letzten Wochen habe ich mich intensiv mit der Geschichte von GROBSCHNITT befaßt. Von vielen Seiten wurde ich dabei mit einem wahren Berg an Informationen, Fotos etc. unterstützt, die längst nicht alle in diesem kurzen Abriß von 19 Jahren deutscher Rockgeschichte Platz fanden. Ich habe mich deshalb entschlossen, die Story bald, in enger Zusammenarbeit mit den Musikern, als Buch herauszugeben.

Zunächst gönne ich mir aber 4 Wochen "Urlaub von den Jungs" und möchte mich bei allen, die mir in irgendeiner Weise bei der Arbeit an diesem Bericht geholfen haben, ganz ganz herzlich bedanken. Für das Buch wünsche ich mir natürlich mindestens ebenso viel Mithilfe, danke schon mal im voraus.

[Rita Mitzkatis für GERMAN ROCK NEWS 4.1998]

[Mit Beiträgen von: Carsten Agthe, Markus Grigat, Manfred Hobl, Rita Mitzkatis, Kurt Mitzkatis, Jörg Mokros, Wolfgang Pokall, Stephan Schelle, Michael Winkler]
 

 L y r i c s


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 M P 3   S a m p l e s


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