Die Geschichte des hessischen Comedy-Duos BadesalzHendrik "Henni" Nachtsheim (blond, Haare) und Gerd Knebel (auch blond, bloß ohne Haare) ist zu schön, als dass sie nur einen Anfang haben dürfte. Also bitteschön:
"Wir tanzten kurz nach dem Krieg im russischen Staatsballett, wo wir
uns auch kennengelernt haben," erzählten sie einst einem
Journalisten. Oder: "Wir trafen uns bei einer Brauereipferde-Auktion im
holländischen Heiloo, wo wir beide dasselbe Pferd ersteigern
wollten...".
Die Wahrheit hingegen hier sei sie verkündet ist erschreckend
schlicht: "Denn in Wirklichkeit haben wir uns beim Tag der offenen
Tür der Hessischen Weltraumbehörde kennengelernt: Dort
dürfen ambitionierte Laienastronauten, eingeteilt in Zweierteams,
in großen Fässern, und in simulierter Schwerelosigkeit,
Sauerkraut stampfen. Ich kann ihnen sagen: Das Zusammenspiel mit Gerd
war phantastisch..!" So klingt derzeit Henni Nachtsheims
Lieblingsversion der Badesalzwerdung. "Was damit zusammenhängen
könnte," ergänzt er nach kurzem Grübeln, "dass mir diese
Variante der Geschichte erst vor fünf Minuten eingefallen ist".
Was immer auch am Anfang stand, die deutsche Comedy-Landschaft
wäre ohne Badesalz sicherlich nicht die, die wir heute kennen:
"Nicht ohne meinen Pappa" war Anfang der 90er Jahre die erste
Sprechplatte seit Otto Waalkes, die in die Charts kam, deren
Verkäufe Goldstatus erlangten. Ein Erfolg, der Macher und
Vermarkter aufhorchen ließ und so manchem Comedy-Kollegen den
ersehnten Plattenvertrag verschaffte. Badesalz sangen, tourten, hatten
ihre eigene Fernsehshow, und waren gern gesehene Gastautoren für
Grußworte in Abiturientenzeitungen. "Besonders gerne werden wir
auf Klassenfahrten gehört" erzählt Henni Nachtsheim. "Einmal
schrieb uns ein Lehrer, völlig mürbe gemacht von sieben Tagen
Odenwald-Fahrt mit Badesalz-Dauerbeschallung: Er bat um 20 Autogramme,
in der Hoffnung, dass er dem Spuk durch Überfütterung seiner
Schüler ein Ende machen könnte." Doch der Spuk ging weiter:
Auch wenn sie ihre Take-That-Coverversion "Back For Good" bei Wetten
Dass?! nicht singen durften (denn Modern Talking präsentierten
genau an diesem Abend ihr gleichlautendes Comeback-Album) gelang es,
die Massen auf ihre Seite zu locken: Ein Badesalz Open Air vor den
Toren Frankfurts zog 12.000 Fans, im Pur-Vorprogramm in Mannheim
schlugen sie sich vor 60.000er Kulisse mehr als wacker.
Doch eine Welt ist ihnen nicht genug: Kürzlich baten sie Kollegen
Mittermeier mit dem alten Police-Klassiker "Walking On The Moon" zum
spacigen-Spaß-Spaziergang. Ob sie irgendetwas bedauern? "Nun, es
ist schon schade, dass trotz unseres unermüdlichsten
Mundart-Einsatzes das Hessische in der Beliebtheits-Rangliste der
deutschen Dialekte bislang nicht über einen hinteren Tabellenplatz
hinausgekommen ist." Badesalz` aktuelle CD "Du packst es Jutta" die
erste bei ihrer neuen Plattenfirma zeigt, warum Badesalz in den Jahren
so viele Mitbewerber im Genre hinter sich gelassen haben:
Natürlich sind der Titeltrack oder die betagten
Straßenverkehrsteilnehmerinnen, die in "Anni & Hilde"
über nicht vorhandene Handykabel stolpern, reiner Klamauk. Aber
"es ist schlicht und einfach falsch, und ganz schlecht hingeguckt, wenn
man uns einfach als Blödel-Duo abstempelt" findet Henni
Nachtsheim. Zu Recht.
Wenn sie sich fett-schmatzend zum "Essen gegen Rechts" als politisches
Statement die gebratenen Täubchen reinzwingen, oder sich zwei
ältere Herren an der Supermarktkasse ihre Narben zeigen und dabei
gedankenverloren den Katheter aufs Band legen, dann sind das Reisen
durchs wilde Absurdistan. Und nicht erst, wenn die Kassiererin fragt:
"Haben Sie den hier gekauft?" Auch wenn es bei "Statistik" die
Diskussion um Gewalt an den Schulen bis zu "Hinrichtungen auf
Schulhöfen" führt, zeigt sich die Kalauer-freie Seite von
Badesalz: "Wir sind zwar kein Kabarett, aber trotzdem gibt es eine
Menge gesellschaftspolitischer Themen, zu denen wir eine Meinung haben,
und durchaus auch mal eine bestimmte Sichtweise anbieten. Wobei uns die
der Arschlöcher dieser Welt schon immer mehr interessiert hat,
weil sie unter vielen Gesichtspunkten interessanter ist, und
außerdem einfach viel mehr verrät..!"
Und wenn sie auf die Schippe nehmen, dann herzlichst. Eines ihrer Opfer
ist der Filmproduzent Bernd Eichinger, der sich von einer hessischen
Hinterhof-Original-Synchronisation von "Gladiator" begeistern
lässt. "Ich freu mich schon drauf, ihm die fertige CD zu schicken"
grinst Henni Nachtsheim. Nur nebenbei: Für 2003 planen Badesalz
ihren zweiten Kinofilm. Für "Du packst es Jutta" haben Nachtsheim
und Knebel nicht nur erstmals die musikalischen Backing-Tracks für
HipHop-Niedlichkeiten wie "Kaffeemaschien" selbst eingespielt. Ganz
besonderen Wert legten sie auch diesmal auf Atmosphäre und
Hintergrundgeräusche der Sketche.
Man mag es kaum glauben, alles in guter hessischer Heimarbeit
entstanden, auch die Klänge zur Irish-Step-Dance-Pubnummer "Mary
Flatley". Kein Problem für die Beiden: "Man muss sich einfach nur
in 50 sehr, sehr betrunkene Iren hineinversetzen". Immerhin, man hatte
vor Ort geübt. Und in Irland beim Fussballspielen kam auch die
Inspiration zu "Trainerwechsel", in der der "frustrierte Eintracht-Fan"
(Henni über Henni) das Stadionerlebnis zum Open-Air-Gottesdienst
werden lässt. Man stelle sich vor, der Papst verliest die
Halbzeitstände und alle singen: "Danke für diese schöne
Flanke." Eine ganz besondere Danksagung für diese Liebe zur
authentischen Atmosphäre wurde Gerd Knebel vor einige Zeit
unverhofft in Frankfurt zu Teil.